: 18 Jahre grün und etwas ratlos
■ 1979 saßen Grüne der ersten Stunde längst in der Bürgerschaft
„Grün wird 18“- unter dieser Überschrift laden die Bremer Grünen heute abend zu einer Mischung von Show und Debatte ins „Modernes“. So richtigen Sinn hat der Titel „Volljährigkeitsfete“nicht und daß ausgerechnet der 11.11. zum Jubiläums-Datum gewählt wurde eher vereinsrechtliche Gründe: An jenem 11.11.1979, berichtet die einzige, die übriggeblieben ist von der entscheidenden Sitzung, trafen sich die elf von der Bremer Grüne Liste bei gutem ökologischen Essen in der Welpenmühle in Quelkhorn und gründeten formal einen „Landesverband“. Ihre eigentliche Gründung und ihren Erfolg hatten die Truppe um Olaf Dinne längst hinter sich – am 7. Oktober waren mit der „Grünen Liste“erstmals die „Ökos“und Bürgerinitiativ-Vertreter in einen Landtag eingezogen. Spitzenkandidat Peter Willers war damals heftiger Gegner, sich an der Bürokratie, die eine Partei beinhalten würde, zu beteiligen. Aber bundesweit formierten sich Landesverbände, und da wollten die Bremer das Feld nicht unbesetzt lassen. In der Bremer Öffentlichkeit zumindest wurde jener Gründungsakt vom 11.11.1979 nicht wahrgenomen und sollte es auch nicht – aktiv war weiterhin die „Grüne Liste“. Die meisten Gründer dieser ersten grünen Politik-Initiative bekämpften später den Landesverband und wurden bekämpft, nur Peter Willers zog an der Spitze des Landesverbandes 1983 in die Bürgerschaft ein. Die „Grüne Liste“um Dinne verschwand unter der fünf -Prozent-Hürde.
Die Einzige, die in der heutigen Partei die Kontinuität bis zu jenem nun als Gründungsdatum erkorenen 11.11. darstellt, ist die Bürgerschaftsabgeordnete Chistine Bernbacher. Sie wäre 1984 einmal beinahe vom grünen Wagen gestoßen worden, als sie sich strikt weigerte, das Rotationspinzip für sich gelten zu lassen. Den 18jährigen jungen Leuten, die zur Geburtagsfete mit freiem Eintritt geworben werden, wird man dies erklären müssen: In ihren Anfängen hielten die Grünen es für ein Gebot der politischen Kultur, Abgeordnete alle zwei Jahre auszuwechseln.
Der Landesverband konnte sich nicht nur gegen die wilde „Antipartei“um Olaf Dinne durchsetzen, sondern auch gegen Konkurrenz von „links“: eine Bunte Liste und die „Betrieblich Alternative“scheiterten in den Wahlkampfrennen bei einem Prozent. Ihre „linken“Gegner konnte der Landesverband integrieren. Bernbacher ist heute noch stolz darauf, daß sie nach Jahren des Widerstands irgendwann Martin Thomas, der als „Ex-Kommunist“bei ihren Parteifreunden unerwünscht war, „einfach aufgenommen“hat, „ich saß da gerade im Grünen-Büro“. Tatsachen geschaffen hat die grüne Bernbacher auch im legendären Streit um die Verankerung des Umweltschutzes in der Landesverfassung: Alle Fraktionen hatten sich auf eine eingeschränkte „Staatsziel“-Formulierung geeinigt, nur Bernbacher machte nicht mit. Für faule Kompromisse im Umweltschutz sei sie nicht gewählt, erklärte sie. Und da damals Verfassungsänderungen noch einstimmig sein mußten, beugten sich 99 Abgeordnete des Landesparlaments der einen.
Ihre „Volljährigskeitsfete“hätten die Bremer Grünen eigentlich bei ihrem Einzug in den Senat der „Ampel-Koalition“1991 feiern müssen. Noch heute bezieht sich der Gedanke, man habe die oppositionelle „Unschuld verloren“auf diese Phase. Um so enttäuschter waren die Grünen, als 1995 ausgerechnet diejenigen in der SPD, die sich vor der Wahl für „Rot-Grün“ausgesprochen hatten, zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der CDU bereitfanden.
„Mit denen?“fragt deshalb Christine Bernbacher fast angewidert, wenn sie auf die Möglichkeit einer neuen rot-grünen Koalition angesprochen wird. „Als politisches Modell – ja“, aber in Bremen kann sie sich das derzeit nicht vorstellen. „Aber das sollen die Jüngeren entscheiden“, sagt die 66jährige.
Bei der Volljährigkeitsfete heute abend sind mit Jo Müller, dem früheren Bundestagsabgeordneten und derzeitigen Herausgeber der Hamburger Rundschau, und dem „linken“Vorstandssprecher Jürgen Trittin zwei angekündigt, die zeigen werden, daß die Grünen für knallharte Realo-Fundi-Debatten noch nicht zu alt sind. K.W.
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