Tatkräftig, eigensinnig, liberal

■ Die altneue Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) steht für liberale Drogenpolitik und modernen Strafvollzug

Da wurde geherzt, geküßt und gedrückt: Vom rechten Sozialdemokraten Günter Elste bis zur Parteilinken Dorothee Stapelfeldt stand man vorgestern abend auf dem SPD-Parteitag in Wilhelmsburg Schlange, um den Senatsneuzugang Lore Maria Peschel-Gutzeit zu begrüßen.

Der designierte Erste Bürgermeister Ortwin Runde hatte sich in einem Überraschungscoup entschlossen, die Berliner Justizsenatorin zu „reimportieren“. Denn die 65jährige stand schon einmal Hamburgs Justizbehörde vor, von 1991 bis 1993. Auch damals wurde die frauenpolitisch engagierte Richterin überraschend, weil bis dahin im SPD-Gefilze nicht präsent, in den Senat berufen. Als die Statt Partei über Hamburg hereinbrach und ihren Posten beanspruchte, mußte Peschel-Gutzeit ihren Hut nehmen. Sie ging nach Berlin.

Nun freut sich die 1,80 Meter große Dame, zu der die meisten Männer ihrer Generation aufblicken müssen, „in meine Heimatstadt zurückkehren zu können“. Ein anderes, nicht unerhebliches Motiv dürfte, auch wenn sie sich darüber ausschweigt, die politische Konstellation sein. Eine liberale Justizsenatorin wie Peschel-Gutzeit hatte es in der Berliner Großen Koalition nicht leicht. Runde beschreibt sie als „eigenwillig und durchset-zungsfähig – eine starke Frau“.

In Hamburg hatte Peschel-Gutzeit sich für eine liberale Drogenpolitik und modernen Strafvollzug eingesetzt. Ihre Stärken lagen damals auf Bundesebene. Vor allem durch ihre Initiativen zur Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe und zum Mißbrauch in der Therapie sowie ihren Einsatz zur Streichung der homofeindlichen Gesetzesparagraphen machte sie sich seinerzeit einen Namen. Zuletzt sorgte sie mit ihrem Plädoyer für ein Kinderwahlrecht – wahrgenommen durch die Eltern – für Schlagzeilen.

Peschel-Gutzeit, die in früheren Jahren als Ralleyfahrerin von sich reden machte und sogar einmal den „Großen Preis von Deutschland“gewann, will nun dafür sorgen, daß die Probleme Jugendlicher „nicht auf Jugendkriminalität verkürzt werden“. Denn: „Die beste Kriminalitätspolitik ist eine gute Sozialpolitik.“ sim

Ein ausführliches Porträt am Freitag in der überregionalen taz