: Fenster kaputt
■ Namen sind wichtig: Der Kunstraum Mitte
Zur Zeit ist die Ausstellung „La Bohème“ des documenta- Künstlers Peter Friedl zu sehen, davor waren die Valie-Export- Schülerin Anja Knecht und der Medienkünstler Sven Gareis zu Gast. Seit Dezember 1996 gibt es den Kunstraum Mitte an der Brunnenstraße, nur wenige Schritte vom Rosenthaler Platz entfernt. Durch zwei Hinterhöfe, rechts und links Bauschutt und Müll, geht es durch ein luftiges Treppenhaus fünf Stockwerke hoch. Fenster kaputt.
Den Speicher mit rissigen Wänden und Balken querdurch fanden die Organisatoren Kirsa Geiser, Jana Hyner und Stefan Haas erst nach einigem Suchen. Es solle ein „auratischer Raum“ sein, ein Ort, in dem „was passiert“, so Kirsa Geiser. Ein Raum, der als Bestandteil des zu entstehenden Kunstwerkes von den Künstlern angenommen und einbezogen werden sollte. Das Gegenteil eines neutralen „White Cube“ also.
Zwei von ihnen studieren Kunstgeschichte, der dritte, Stefan Haas, Informatik. Ihr ähnlich gelagertes Interesse an Kunst führte sie für das Projekt „Kunstraum“ zusammen. Seitdem haben sie einen „Full-time-Job“, wie Jana Hyner es ausdrückt. Einen unbezahlten, versteht sich. Keine Zeit mehr für was anderes. Natürlich sei das Ziel, den Kunstraum zu institutionalisieren – in einem gemeinnützigen Verein etwa, der sich selbst trägt, meint Stafan Haas. Anders gehe es auf Dauer einfach nicht. Bis dahin aber müssen Miete, Porto und alles, was dazugehört, selbst finanziert werden – mit anderen Jobs. „Die einen gehen ins Sportstudio, wir machen das hier. Früher bin ich viel gereist, das tu' ich jetzt nicht mehr.“ Kirsa Geiser lacht. Die drei legen viel Wert auf Unabhängigkeit, allerdings gibt es auch Absprachen mit den Künstlern – zum Beispiel bei den Einladungskarten; schließlich beruhen die Projekte auf Gegenseitigkeit, meint Anja Knecht.
Und für das Friedl-Projekt hat die Gruppe von der Hauptstadt- Marketing Gesellschaft „Partner für Berlin“ und dem Christo- Manager Roland Specker erstmals Sponsorengelder bekommen – um die Bühne im Kunstraum zu bauen und für das Plakat. „Über eine Anzeige in zitty fanden wir zehn Leute, die freiwillig beim Bau der Bühne mitgeholfen haben.“ Die Helfer sind auf dem Plakat unter „Bühne“ aufgelistet.
„Namen interessieren uns nicht“, sagt Jana Hyner, nicht zuletzt in Hinblick auf andere Einrichtung im Bezirk Mitte, und Kirsa Geiser nickt. „Wir arbeiten projektorientiert.“ Diesmal ist es zwar Peter Friedl, immerhin ein Künstler mit einigem Renommee, wichtig aber sei vor allem, im Gespräch mit dem Künstler einen Konsens zu finden. Peter Friedl habe sich in Zusammenhang mit seinem Projekt zu Puccinis Oper „La Bohème“, in der eine Mansardenwohnung eine große Rolle spielt, für die spezielle Dachbodensituation interessiert. Nach Friedl planen die drei Organisatoren eine Ausstellung mit Gabriele Worgitzki. Sie studiert noch an der HdK bei Katharina Sieverding. „Damit das Unternehmen funktioniert“, gibt Stefan Haas schließlich doch noch zu, „sind Namen aber dann doch wichtig.“ Cornelia Gerner
Kunstraum Mitte, Brunnenstraße 192, 10119 Berlin; Öffnungszeiten: Freitag und Samstag 18 bis 21 Uhr. Weitere Informationen unter 2812257. Die Ausstellung mit Arbeiten von Peter Friedl läuft noch bis zum 29.11.
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