■ Was die Fußballweltmeisterschaft mit der Elch-Pleite von Mercedes zu tun hat: Wenn das Umfeld umfällt
Seitdem ein Mercedes nach dem anderen umfällt, ist das Umfeld der deutschen Automobilindustrie nicht mehr im Lot. Wie konnte es dazu kommen? Sparen wir uns den kleinkrämerischen Blick auf die technischen Ursachen.
Kümmern wir uns um das Wesentliche, das Tieferliegende oder in diesem Zusammenhang vielleicht passender: Tiefergelegte. Ist der mißglückte Wackel-den-Elch- Test nicht doch ein von Saab, Volvo, Wasa und Abba geschickt eingefädelter Coup, gleichsam ein – metaphorisch gesprochen – perfides Reifenstechen, um pars pro toto dem Exportweltmeister Deutschland die letzte Luft zu nehmen? Der BND wird sich die Chance nicht nehmen lassen, durch konkrete Recherchen in dieser Richtung sein zerbeultes Image aufzupolieren. Wir harren der Ergebnisse. Und können inzwischen die eine oder andere investigative Hypothese aufstellen, nämlich inwieweit die sich überschlagenden Ereignisse nicht hätten vermieden werden können. Um auf die harten Fakten zu stoßen, müssen wir in der Chronik nicht allzu weit zurückgehen.
Es war noch Sommer, und der gleichnamige Ron von der Deutschen Telekom weilte bei seinen Tour-Pedaltretern, als der „Automann“ Schröder in seinem Urlaubsort, der – Zufall oder nicht – unweit der Pipeline einer skandinavischen Erdölfirma liegt, vom Rad fiel. Schröder trug Schrammen davon und blaue Flecken, dennoch wollte niemand das böse Omen erkennen. Damals wäre noch genug Zeit gewesen, gegenzusteuern und die Entwicklungsabteilung unseres einzigen Ein- Sterne-Unternehmens auf die Machenschaften seiner Konkurrenten hinzuweisen.
Es kam anders, zumal der Furor der schwedischen Autobauer schon auf Hundertachtzig war, weil sich ihr Land nicht für die Fußballweltmeisterschaft qualifiziert, Deutschland hingegen wie immer schlecht gespielt, aber gewonnen hatte (Hauptsponsor der Nationalmannschaft: Mercedes Benz). Zusätzlich – und dies ist weitgehend unbeachtet geblieben von der ausländischen Öffentlichkeit – sorgte zur gleichen Zeit die Übersetzung eines Zweizeilers der Neuen Frankfurter Schule in Schweden für Aufregung: „Die schärfsten Kritiker der Elche / Waren früher selber welche“. Das Maß war vollends voll, als in Stockholm wenig später bekannt wurde, daß in gewissen deutschsprachigen Kreisen der Ausruf „Alter Schwede“ als Ausdruck ungläubigen Erstaunens üblich ist.
Der Rest ist bekannt: Man entschloß sich zum Gegenschlag und dazu, den deutschen Edelkarossenkonzern und größten Steuerzahler der Republik weltweit der Lächerlichkeit preiszugeben. Und richtig: Es geht alles den Maybach runter.
Mercedes bleibt nach Lage der Dinge nur noch eins: Fortan sollte das Unternehmen keine Tennisturniere mehr sponsern, sondern nur noch Kegelklubs. In diesen Sphären ist die Welt noch in Ordnung: Je mehr umfällt, desto intakter ist das Umfeld.
P.S.: Warum ist eigentlich noch niemand auf die Idee gekommen, in die A-Klasse einen Wankelmotor einzubauen? Dietrich zur Nedden
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