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UNO im Kongo, letzter Akt

Die UN-Untersuchung mutmaßlicher Massaker durch Kabilas Armee kommt wieder in Gang  ■ Von Dominic Johnson

Bewegung kommt in den endlos scheinenden Menschenrechtsstreit zwischen der UNO und der Regierung der Demokratischen Republik Kongo. Seit Dienstag abend befindet sich das Team von UN-Ermittlern, das Menschenrechtsverletzungen durch die Truppen der herrschenden „Allianz Demokratischer Kräfte für die Befreiung des Kongo“ (AFDL) untersuchen soll, wieder in Kongos Hauptstadt Kinshasa. Das UN-Team soll nun endlich die Arbeit aufnehmen, die von der AFDL-Regierung bisher immer behindert wurde: Schauplätze möglicher Massaker untersuchen, die nach Meinung von Menschenrechtsgruppen in großer Zahl von der AFDL an ruandischen Flüchtlingen verübt worden sind.

Die Chancen der Untersuchung stehen besser als je zuvor – und zwar aus ökonomischen Gründen. Die Regierung Kabila in Kinshasa ist so gut wie pleite, das Land liegt nach den Jahrzehnten der Mobutu-Diktatur am Boden. Aber die EU, die USA und Japan haben Entwicklungshilfe davon abhängig gemacht, daß Kongo mit der UNO zusammenarbeitet. Bis zur Kongo- Konferenz der Geberländer am 3.Dezember in Brüssel müssen konkrete Ergebnisse sichtbar sein.

Die Rückkehr der UN-Ermittler – die im Oktober nach monatelangem Tauziehen mit der AFDL entnervt abgereist waren – wurde vom US-Botschafter bei der UNO, Bill Richardson, ermöglicht. Während einer Afrikareise Ende Oktober räumte er in Verhandlungen mit Laurent Kabila persönlich den Streit um das Mandat des UN- Teams aus. Im Juli hatte die UNO zwar bereits gemäß dem Wunsch Kinshasas den bisherigen Kongo- Sonderbeauftragten der UN-Menschenrechtskommission, Roberto Garreton, abgesetzt – er hatte der Regierung Kabila in einem Bericht Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen, ohne selber vor Ort gewesen zu sein. Aber auch dem neuen Team verwehrten die Behörden immer wieder die Genehmigung, Kinshasa zu verlassen.

Die Einigung, die Bill Richardson am 25. Oktober in Kinshasa verkündete, berücksichtigt nun wesentliche Forderungen des Kongo: Das UN-Team untersucht nicht nur den siebenmonatigen Bürgerkrieg zwischen AFDL und Mobutu-Armee, sondern den gesamten Zeitraum seit dem 1. März 1993 – dem Beginn „ethnischer Säuberungen“ durch Mobutu- treue Milizen im Osten des früheren Zaire. Sein Mandat „beschränkt sich auf die globale Darstellung der Fakten“ und beinhaltet keine juristischen Empfehlungen. Das UN-Team verpflichtet sich, „sich nicht in die inneren Angelegenheiten der Demokratischen Republik Kongo einzumischen und mit Personen, die sich mit dem alten Regime identifizieren, keinen Kontakt aufzunehmen oder sich von ihnen beeinflussen zu lassen“. Im Gegenzug „wird das Team frei sein, sich ohne Einmischung nach seinem Wunsch in unterschiedliche Gebiete begeben zu können“.

Zuletzt war die Untersuchung an der Weigerung der Behörden gescheitert, die UN-Ermittler in das nordwestkongolesische Mbandaka reisen zu lassen. Dort sollen AFDL-Truppen in den letzten Tagen des Krieges, am 12. und 13.Mai, Hunderte ruandische Flüchtlinge umgebracht haben. Schon „in den nächsten Tagen“, so jetzt José Diaz, Sprecher des UN- Teams, wolle das Team nun nach Mbandaka reisen.

Daß die UNO Neues zutage fördert, ist zu bezweifeln. Die Fakten sind längst recherchiert, denn während das UN-Team im Sommer behindert wurde, ließ die Regierung ungerührt Experten von Menschenrechtsgruppen im Land herumreisen und Augenzeugenberichte über Massaker sammeln. Die UN-Untersuchung ist eher ein symbolischer Akt, der das Verhältnis des Kongo zur Weltgemeinschaft bereinigen soll.

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