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Frischer Flautenwind

■ Das Literaturhaus diskutiert das Verhältnis von Autor, Kritiker und Leser

Ach, es gibt ja in der Literaturszene so viele ungeschriebene Gesetze. Zum Beispiel erhebt sich die Frage, ob ein Schriftsteller auch Kritiker sein darf. Ja, darf er das? Eher nein, meint Hanns Josef Ortheil, denn in Deutschland kritisiere ein Autor den anderen nicht – „es sei denn, man tut es dezent, oder man ist besoffen“. Aber warum darf er das nicht? fragte Sigrid Löffler und rief die Schriftsteller dazu auf, mehr als Kritiker in Erscheinung zu treten. Ortheil, der Schriftsteller, schreibt schon lange Kritiken. Und so war auf dem Podium schnell Einigkeit hergestellt.

Damit war das eigentliche Thema, das die Leiterin des Zeit-Feuilletons und den Schriftsteller Mittwoch abend im Literaturhaus zusammenführte, abgehakt. Das Literaturzentrum veranstaltet über das gespannte Dreiecksverhältnis zwischen Autor, Kritiker und Leser eine Diskussionsreihe. In dessen Rahmen wollte man über den Schriftsteller als Kritiker reden. Viel zu sagen gab es darüber nicht.

Spannend wurde es erst, als die beiden begannen, etwas aus dem Nähkästchen zu plaudern. So darf man kolportieren, daß beide Diskutanten den Literaturbeilagen, wie wir sie von den großen Zeitungen kennen, keine Zukunft mehr geben. Man müsse wohl andere Wege überlegen, so Löffler, wie die Inhalte bei Aufrechterhaltung der kritischen Standards an den Konsumenten zu bringen seien. Dazu muß man wissen, daß die Zeit für kommendes Frühjahr ein Relaunch angekündigt hat. Man darf also fragen, ob in ihrer Feuilletonredaktion die Zeiten auf Sturm stehen.

Oder ist's ein frischer Wind? Hübsch war dann nämlich noch, wie Hanns Josef Ortheil sich in die Phantasie hineinträumte, mal die ganze Szene von der Seite aufzumischen. Mit einer Literaturredaktion, die nur aus 20- bis 25jährigen Kritikern besteht – und ihm selbst als Leiter. Da wußte Sigrid Löffler nicht, ob sie sich empören oder schmunzeln wollte.

Dirk Knipphals

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