: Kein Kahlschlag bei der Entwicklungspolitik
■ Erfolgreiche Kampagne der Nord-Süd-Gruppen gegen drohende Kürzung. Haushaltsauschuß des Parlaments bewilligt doch 800.000 Mark für das kommende Jahr.
„Mein Kommentar? Sekt auf den Tisch! Wir haben es zum dritten Mal geschafft.“ Kathrin Buhl, Sprecherin des Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlags (BER), ist glücklich. Zum dritten Mal in drei Jahren bedrohte der Senat durch massive Mittelkürzungen die Arbeit der nichtstaatlichen Nord-Süd-Gruppen der Stadt, die sich größtenteils im BER zusammengeschlossen haben. Und zum dritten Mal hatte deren „Feuerwehraktion“ (Buhl) bei Parteien und Medien Erfolg. Jetzt wurde aus der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen bekannt, daß im nächsten Jahr wieder 600.000 Mark für Inlands- wie Auslandsprojekte der Nord-Süd-Arbeit bereitstehen werden. Dazu kommen 200.000 DM für ein Projekt der Carl-Duisberg-Gesellschaft (CDG), so daß die gesamte Kürzung mit 50.000 DM sehr glimpflich ausfällt.
Ursprünglich war vorgesehen, daß die beiden dafür zur Verfügung stehenden 850.000 Mark drastisch auf 300.000 Mark gestutzt werden sollten. Zudem waren 200.000 Mark schon von vorneherein vom Senat für die CDG geplant, so daß real weniger als ein Achtel des vorherigen Etats übriggeblieben wäre. Damit, so hatte der zweite BER-Sprecher Walter Hättig vom Weltfriedensdienst konstatiert, hätte der Senat für einen „Kahlschlag im Nord-Süd- Zentrum Berlin“ gesorgt und zudem Beschlüsse des Abgeordnetenhauses sowie der Ministerpräsidentenkonferenz ausgehebelt, denen zufolge auch die Bundesländer für Nord-Süd-Beziehungen zuständig sind.
Kathrin Buhl muß ihre Freude aber gleich wieder etwas dämpfen, denn noch seien die Haushaltsberatungen nicht abgeschlossen. „Aber“, sagt sie, „wir sind auf der relativ sicheren Seite“. Denn zur Überraschung des BER-Koordinierungskreises sei der Antrag für die Erhaltung des NGO-Etats von der CDU gekommen. Schon im Vorjahr hatte ihn nur ein kleines Wunder gerettet, ein Rechenkunststück der grünen Finanzexpertin Michaele Schreyer. Auch wenn für den BER die gesicherte Summe nur eine „Grundsicherung“ für die nichtstaatliche Berliner Nord-Süd-Szene darstellt und er, so Buhl, „eigentlich mehr für diese Arbeit“ erwartet, sei die Rücknahme der Kürzung eine politische Aussage, „weil deutlich wird, daß trotz der angespannten Haushaltslage der Status quo in diesem Bereich im wesentlichen gehalten wird.“ In der Schwebe ist aber nach wie vor das Schicksal der drei entwicklungspolitischen Hochschuleinrichtungen, derer sich der Senat bisher rühmen konnte: das international renommierte Seminar für landwirtschaftliche Entwicklung der Humboldt- Universität (SLE), das Seminar für Tropenveterinärmedizin an der FU und der Arbeitsbereich Außenbeziehungen der TU.
Nach derzeitigem Stand ist ihre Finanzierung aus dem Haushalt herausgefallen. Dabei bricht der Senat sogar einen gültigen Vertrag, nämlich den mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, das 40 Prozent zum SLE-Etat beisteuert. Dort allerdings winkte man ab, auf Einhaltung des Vertrages zu pochen. „Bedauerlich“, hieß es da, aber das sei „Landesangelegenheit“.
Da der Senat im Rahmen des Umzugsgesetzes Bonn-Berlin auch zugelassen hat, daß wichtige halbstaatliche Einrichtungen wie der Deutsche Entwicklungsdienst, das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik und die Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung abwandern, könnte mit der Forschung eine weitere Säule des „Nord-Süd-Zentrums Berlin“ wegknicken, von dem auch der Regierende Bürgermeister so gerne spricht. Thomas Ruttig
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