: Nigerias Diktator soll kandidieren
■ Die regierungsnahen Parteien rufen General Sani Abacha auf, nach den Wahlen 1998 als demokratisch gewählter Präsident zu regieren
Berlin (taz) – Nigerias Militärherrscher General Sani Abacha will offenbar 1998 doch die Metamorphose vom Diktator zum gewählten zivilen Präsidenten vollziehen. Drei der fünf legalen Parteien in Nigeria – allesamt regimenah – haben Abache im Rahmen der Feierlichkeiten aus Anlaß des vierten Jahrestages von Abachas Militärputsch am 17. November erstmals offiziell aufgefordert, bei den für August 1998 angesetzten Präsidentschaftswahlen selbst zu kandidieren. Die Parteien folgten damit einem entsprechenden Vorschlag des Ministers für Sonderaufgaben, Alhaji Wada Nas, der sagte, alle fünf Parteien sollten Abacha als ihren gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten aufstellen und dann mit ihm eine Allparteienregierung bilden.
Bisher hat Abacha nie offiziell bestätigt, daß er beim für Oktober 1998 vorgesehenen Übergang zu einer gewählten Regierung in Nigeria die Macht einfach an sich selber übergeben wolle. In seiner Rede zum nigerianischen Unabhängigkeitstag am 1. Oktober – traditionell der wichtigste Tag im politischen Kalender Nigerias – bekräftigte er vielmehr seine Absicht, den versprochenen Übergang zur Demokratie reibungslos und pünktlich abzuschließen. Er dementierte, daß er geheime Pläne hege, die Militärherrschaft in Nigeria über 1998 hinaus zu verlängern. Dies schließt aber eben nicht aus, daß Abacha ab 1998 als gewählter Präsident amtiert. In einem in Nigeria vielbeachteten Interview mit der Washington Times sagte Abacha schon zu Jahresanfang, die Metamorphose militärischer Herrscher in zivile Präsidenten sei mittlerweile in Afrika üblich.
Zwar hat die Regierung in der Öffentlichkeit stets beteuert, eine weitere Regentschaft Abachas sei überhaupt nicht denkbar – aber schon seit Monaten gibt es eine Kampagne regierungsnaher nigerianischer Organisationen mit dem Ziel, Abacha zur Kandidatur aufzufordern. Und vermutlich hat die Regierung selbst die Kampagne finanziert.
Sie hatte zwar öffentlich verkündet, hart gegen die Organisationen vorgehen zu wollen, die so etwas fordern, aber anders als beim Kampf gegen die demokratische Opposition in Nigeria ist kein einziger Aktivist der Pro-Abacha- Kampagnen je verhaftet worden.
Die von den Abacha-Anhängern genannten Gründe sind vielfältig. Abacha habe seit seinem Putsch im November 1993 vor allem im wirtschaftlichen Bereich viel geleistet, sagen sie. So sei das Bankwesen, 1993 am Rande des Zusammenbruchs, saniert worden: Viele Bankiers, die sich Millionenwerte angeeignet haben, wurden wegen Korruption und Mißwirtschaft verhaftet. Mit wiederholten Kampagnen gegen Korruption hat Abacha der Wirtschaftselite des Landes das Gefühl der Unantastbarkeit genommen. Selbst im Militär werden immer häufiger unfähige oder korrupte Elemente vor Sondergerichte gestellt. Zudem habe sich die Landeswährung Naira stabilisiert, die Inflationsrate sinke, und zum ersten Mal seit Jahren könne Nigeria wieder mit ein wenig Wirtschaftswachstum rechnen.
Der Präsident habe sich als Patriot erwiesen, argumentieren die Abacha-Befürworter – nun fehle ihm nur noch die demokratische Legitimität. Wenn das Übergangsprogramm bis 1998 erfolgreich ablaufe, könne Abacha als Held in die offizielle nigerianische Geschichte eingehen. Als erster sagte der Führer der Democratic Party of Nigeria (DPN), Alhaji Hassan Saleh, schon vor Monaten, Abacha solle Präsident bleiben, weil er bewiesen habe, daß er die nötigen Qualitäten besitze.
Auch der PR-Manager der nigerianischen Armee sagte, die Armee werde Abacha unterstützen, sollte er Präsident bleiben. Armeestabschef General Ishaya Bamaiyi mußte hastig korrigieren, die Armee werde jeden unterstützen, der die Wahlen 1998 gewinne. Möglicherweise besteht nun zwischen diesen beiden Äußerungen kein Unterschied mehr. Bright Johnson
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