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Traurig-fröhlicher Zirkus in Kreuzberg

■ Der Kinderzirkus Cabuwazi lud am Samstag zum Fest für den vor zwei Jahren verunglückten David. Der Verein wird von der Wirtschaft gefördert und unterstützt selbst Projekte im Ausland

Die Kleine mit dem Glitzer auf der Bluse tanzt Hula Hoop auf einem großen Gummiball. Ihre Kollegen, ebenfalls auf Gummibällen, wirbeln bunte Bänder durch die Luft oder jonglieren. Runtergehüpft, Verbeugung, Purzelbaum rückwärts, raus. Die Kids sind Profis. Artisten im Kinderzirkus Cabuwazi.

Doch am Samstag war es keine gewöhnliche Vorstellung, die in der Manege am Spreewaldplatz gegeben wurde. Cabuwazi hatte zum Zirkusfest für David geladen. Der Elfjährige hatte als Einradfahrer im Hinterhof der Regenbogenfabrik den Zirkus mitbegründet. Vor zwei Jahren verunglückte er tödlich beim Spielen im Wendtland. Dias von ihm in bunten Kostümen, Clownsnase und mit Akkordeon erinnern an seine vielen Auftritte. Kurz vor seinem Tod war er noch bei der Tournee zur Unterstützung der revolutionären Zapatisten in Mexiko dabei.

Trotzdem war die Veranstaltung am Samstag nicht weinerlich. Giggelnde Kinder und Paulchen- Panter-Musik untermalen die Nummer der Pantomimekünstler in Riesenhosen und Turnschuhen. Einräder, Diabolos und eine Seiltänzerin mit Taucherbrille machen den Zirkus komplett.

Die Truppe ist stolz auf ihr neues Zelt, das ihnen im September die Krupp-Stiftung gesponsort hat. Zirkusgründer Karl Klöckenberger und Vater von David hat auch schon die Bewag als Mäzen für seinen Zirkusverein gewonnen. So macht Cabuwazi inzwischen an vier Orten in Berlin mit über 500 Kindern und Jugendlichen Zirkus: in Kreuzberg, Marzahn, Treptow und Altglienike. Selbst im bosnischen Tusla hat Cabuwazi Aufbauarbeit für ein ähnliches Kinderzirkusprojekt geleistet.

Kids zwischen 10 und 18 Jahren können in einem offenen Training Akrobatik, Clownerie, Stelzenlaufen und andere Zirkuskünste erlernen. Auch Schulklassen können in Schulprojektwochen zu Artisten werden. Die Vorstellungen des aktuellen Stückes „Euforazi“ werden wie alle anderen Programme gänzlich von den Kindern bestritten.

Nach dem Auftritt der Seiltänzerin, die zu Janis-Joplin-Musik im Pünktchenkleid durch die Lüfte turnt, kommt das Grand Finale. Zuvor geht Ranulfo Cansino von Cabuwazi noch einmal mit dem Publikum auf Nummer Sicher: „Wenn die Artisten kommen, müßt Ihr ganz doll Klatschen!“ Kaffee und Kuchen bilden, wie es sich auch für ein richtiges Fest im Zirkus gehört, den Abschluß der Veranstaltung. Eine Zuschauerin meint: „David ist auf jeden Fall mit dabei.“ Kirsten Küppers

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