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Alte Verträge mit neuer Sprengkraft

Indonesien soll deutsche Torpedos an Taiwan verkauft haben. Das Land bricht damit einen Vertrag und bringt Bonn in Bedrängnis. Das Wirtschaftsministerium untersucht, hat aber vorher „ein Auge zugedrückt“  ■ Von Hugh Williamson

Köln (taz) – Die Waffen hat Taiwan schon vor neun Jahren bestellt, aber sie könnten sich noch immer explosiv auf die Beziehungen Deutschlands zu China und Indonesien auswirken. Denn Taiwans U-Boot-Flotte ist mit rund 200 von Deutschland entwickelten Torpedos ausgerüstet worden. Genau das jedoch verbietet das deutsche Ausfuhrverbot für Kriegsgeräte nach Taiwan.

Das Wirtschaftsministerium untersucht den Fall mittlerweile. In der vergangenen Woche mußte das Ministerium zugeben, daß die staatliche indonesische Firma IPTN, die 1988 für schätzungsweise 200 Millionen Mark die Torpedos verkauft hat, nicht die erforderliche Erlaubnis aus Bonn hatte. IPTN hat einen Vertrag mit STN Atlas Electronic: Das deutsche Rüstungsunternehmen liefert die Technik und die Bauelemente für SUT-Torpedos. In dem schon 1982 unterzeichneten Vertrag war auch eine sogenannte Endverbleibsklausel enthalten. Damit verpflichtete sich IPTN, Bonns Zustimmung einzuholen, wenn das Unternehmen die deutschen Waffen an andere Staaten verkauft. Seit 1987 hat Indonesien allerdings nie eine derartige Erlaubnis eingeholt, wie eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums zur taz sagte.

Einen Beweis dafür, daß Taiwan die Torpedos besitzt, hat der Hamburger Rüstungsexperte Hans Walden entdeckt. In einem Buch über das weltweite Militär fand er einen Eintrag. Selbst ein Bonner Rüstungsexperte, der anonym bleiben möchte, glaubt „aufgrund der Beweislage, daß Taiwan über die Torpedos verfügt“.

Deutschland hat Taiwan nicht als Staat anerkannt. Um seine Beziehungen zu China und um die Sicherheit in der Region nicht zu gefährden, verbietet die Bundesregierung die meisten Waffenexporte nach Taiwan. Sie erlaubt allerdings militärisch verwandte Exporte. So durften die Eisenwerke Kaiserslautern kürzlich 22 Schwimmbrücken an das taiwanesische Verteidigungsministerium verkaufen. „Dieses Gebiet ist so sensibel, daß es äußerst unwahrscheinlich ist, daß die Bundesregierung nicht von den Lieferungen deutscher Waffen nach Taiwan wußte. Bonn muß ein Auge zugedrückt haben“, sagt Walden. Taiwan hatte immerhin jahrelang versucht, deutsche U-Boote zu kaufen. Bislang ohne Erfolg.

Andererseits hat auch die indonesische IPTN sehr gute Kontakte in die Politik. Das High-Tech-Unternehmen wurde von Forschungsminister BJ Habibie gegründet. Habibie hat 18 Jahre in Deutschland gelebt und in der Rüstungsschmiede MBB gearbeitet. Die damals entstandenen Freundshaften pflegt er in seiner Villa in der Nähe von Hamburg.

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