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Iranische Islamisten verprügeln Journalisten

■ Chefredakteur und Studentenaktivist hatte den mächtigen Religiösen Führer kritisiert

Berlin (taz) – Irans islamistische Schlägerbanden haben ein neues Opfer gefunden. Am Samstag stürmten 40 Aktivisten der „Anhänger der Partei Gottes“ das Büro der Wochenzeitschrift Pajam-e Daneschju (Botschaft der Studenten) und verprügelten deren Chefredakteur Heschmatollah Tabarsadi. Der Journalist lag gestern in „kritischem Zustand“ im Krankenhaus, teilte die Islamische Studentenvereinigung mit, deren Generalsekretär Tabarsadi ist. Die staatliche Nachrichtenagentur Irna bestätigte den Vorfall.

Die Zeitschrift Pajam-e Daneschju wurde 1995 verboten. Erst Anfang November hoben die Kulturbehörden das Verbot auf. Ein Erfolg des neuen Präsidenten Mohammad Chatami, der im Wahlkampf versprochen hatte, sich für Intellektuelle einzusetzen. Seine Gegner versuchen nun anscheinend mit dem Knüppel, diese Politik zu verhindern. Bereits Mitte August verwüstete ein islamistischer Schlägertrupp die Redaktionsräume der kritischen Monatszeitschrift Iran-e Farda (Iran von morgen).

Pajam-e Daneschju war wegen „Diffamierung“ verboten worden. Die Zeitschrift hatte unter anderem über Korruption in den finanzkräftigen religiösen Stiftungen Irans berichtet. Chefredakteur Tabarsadi scheute sich auch nicht, Irans Religiösen Führer, Ali Chamenei, zu kritisieren. Zuletzt organisierte er am 21. Oktober in Teheran eine Studentendemonstration, bei der unter anderem gefordert wurde, den mächtigsten Mann der Islamischen Republik durch allgemeine Wahl bestimmen zu lassen. Im persischsprachigen Programm der BBC schlug Tabarsadi sogar vor, eine Institution zur Kontrolle des Religiösen Führers zu schaffen. Die Schlägertrupps der „Anhänger der Partei Gottes“, die Tabarsadi jetzt übefielen, gelten als dem Religiösen Führer eng verbunden. Thomas Dreger

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