: Die Golfkriegsallianz gibt es nicht mehr. Viele arabische Staaten spüren angesichts des stockenden Nahost-Friedensprozesses wenig Neigung, die USA gegen den Irak zu unterstützen. Daher setzt Washington nun auf die Diplomatie. Und hofft auf
Die Golfkriegsallianz gibt es nicht mehr. Viele arabische Staaten spüren angesichts des stockenden Nahost-Friedensprozesses wenig Neigung, die USA gegen den Irak zu unterstützen. Daher setzt Washington nun auf die Diplomatie. Und hofft auf Unterstützung durch Paris und Moskau.
Die USA stehen ziemlich alleine da
Erneut hat sich eine US-Regierung in ihrer Irakpolitik verschätzt. Nichts deutet derzeit darauf hin, daß Bill Clinton und seine Außenministerin Madeleine Albright die Anti-Saddam-Koalition aus dem Golfkrieg für einen Militärschlag gegen Irak gewinnen können. Vor allem die ehemaligen arabischen Verbündeten, aber auch Rußland und Frankreich sind hierzu nicht bereit. Im europäischen Lager kann US-Präsident Bill Clinton nach einem Telefonat mit dem britischen Premier Tony Blair zwar der britischen Unterstützung sicher sein, doch Frankreich noch Rußland verfolgen ihre eigenen – ökonomischen – Ziele.
In der arabischen Welt konnten die USA sich nicht der Unterstützung Ägyptens, Syriens und Jordaniens versichern. Selbst die Golfstaaten Qatar, Bahrain, Kuwait und Saudi-Arabien hoffen auf eine friedliche Lösung des Konflikts. Diese Staaten haben nicht nur enge Beziehungen zu den USA, sondern wären auch unmittelbar gefährdet, wenn es dem Irak gelingen würde, sein Aggressionspotential wieder aufzubauen. Der Frage, ob es zu militärischen Aktionen kommen werde, wich Albright aus: „Diese Brücke überqueren wir, wenn wir zu ihr kommen“, antwortete sie nach einem Gespräch mit dem saudischen König Fahd und dessen Außenminister Saud al-Faisal auf Fragen von Journalisten – eine Formulierung, die in der Regel ein Problem in weite Ferne schiebt. So scheint sich denn die Zielrichtung der US-amerikanischen Anstrengungen seit dem Wochenende geändert zu haben. „Wir verfolgen eine diplomatische Option“, erklärt ein Sprecher der US-Regierung.
Große Hoffnungen werden in just die zwei Staaten gesetzt, die Geschäftsinteressen mit dem Irak haben: Frankreich und Rußland. Rußland ist als Nachfolgestaat der UdSSR ein alter Verbündeter Iraks und hat einen gewissen Einfluß auf dessen Herrscher. Jelzins Außenminister Jewgeni Primakow gilt als einer der wenigen ausländischen Politiker dem Saddam Hussein ernsthaft zuhört. Auch Frankreich, das traditionelle und historisch begründete Beziehungen zur arabischen Welt hat, soll dafür gewonnen werden, Sadam Hussein unter Druck zu setzen.
Der Irak hat inzwischen erkennen lassen, daß er an einer diplomatischen Lösung des Problems interessiert ist. Vizepremier Tarik Asis erklärte in einem Interview der französischen Tageszeitung Le Figaro, einige US-amerikanische Waffeninspekteure im Auftrag der UN könnten in den Irak zurückkehren. Voraussetzung sei allerdings das, daß die Irak-Abrüstungskommission Unscom künftig gleichmäßig von Vertretern aller fünf ständigen Mitgliedstaaten des Sicherheitsrates besetzt werde. Der Vorschlag sei „vielleicht der Anfang einer diplomatischen Lösung“, erklärte gestern der australische Unscom Chef Richard Butler.
Die Lage, in der sich die USA zur Zeit befinden, ist nicht nur Ausdruck der Hartnäckigkeit der irakischen Führung, sondern auch amerikanischen Ungeschicks in der Weltorganisation und in der arabischen Welt. Die gleiche US- Regierung, die Tilgung ihrer Schulden an die UNO verweigert, verlangt jetzt von der Weltorganisation eine entschiedene Politik gegenüber dem Irak. Und die festgefahrenen Verhandlungen zwischen Palästinensern und Israelis sind der Grund dafür, daß die arabisches Staaten anders als 1991 heute keine Neigung haben, die USA gegen den Irak zu unterstützen.Wenn alle diplomatischen Optionen erschöpft sind, wird die Welt es wissen,“ erklärte ein amerikanischer Diplomat. „Notfalls werden wir allein handeln,“ sagt Clintons nationaler Sicherheitsberater Sandy Berger.
Obwohl Amerikas militärische Optionen begrenzt sind – an eine Invasion des Irak wie 1991 ist nicht zu denken, und einzelne Schläge werden den Irak schwerlich zum Einlenken bringen –, liegt der Ball zur Zeit im irakischen Feld. Sollte der Irak die amerikanischen U2-Flugzeuge, die im Auftrag der UNO Aufklärungsmissionen über irakischem Territorium fliegen, abzuschießen versuchen, beweist Hussein damit, daß er eine militärische Konfrontation nicht scheut. Peter Tautfest, Washington
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