: Gegenwind hart an der Landesgrenze
■ In Farge tobt der Streit um einen Windpark / CDU dafür, Grüne dagegen: „Die Menschen hier wollen die Spargel nicht“
In Bremens hohem Norden tobt ein Sturm um die Windkraft. Der Disput über den „Windpark Rekumer Berg“im Ortsteil Farge verwischt die herkömmlichen politischen Fronten und Interessenlagen. Die CDU und die Mehrheit der SPD im zuständigen Beirat Blu menthal sind für den „Bürgerwindpark“, an dem sich auch der Bremer Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) beteiligen will.
Die Grünen sind vehement dagegen und haben dabei wohl die Mehrheit der Farger hinter sich, kriegen aber Druck von ihrem pro Windkraft orientierten Landesvorstand. Und während die Umweltbehörde offiziell den besten Windkraftstandort Bremens in der Rekumer Geest als wichtigen Eckstein für die Windkraftausbauplanung befürwortet, kämpfen zwei Untergebene von Senatorin Tine Wischer (SPD) als Wortführer der örtlichen Bürgerinitiative dagegen an. Einer von ihnen ist Referent für Lärmschutz.
Ursprünglich hatte die Behörde auf dem windigen Bergrücken scharf an der Landesgrenze zehn Windräder mit einer Leistung von 600 Kilowatt aufstellen wollen. Nach Protesten der Anlieger, die Lärm und andere Belästigungen fürchten, wurde die Planung an einem Runden Tisch diskutiert und auf drei große Mühlen abgespeckt. Diese würden aber jeweils 1,6 Megawatt leisten. Die 70 Meter hohen Türme sollen nach den letzten Planungen, die am Montag abend im Blumenthaler Beirat vorgestellt wurden, an einer Stelle bis auf 550 Meter an das nächstgelegene Wohngebiet heranrücken.
Der Beirat und grüne Aktivist der ersten Stunde, Peter Ullrich, beteuert seine grundsätzliche Zustimmung für Windenergie. „Aber die Grünen waren auch immer für Basisdemokratie, und die Leute hier wollen diese drei Spargel nicht“.
Auch im Bremer BUND hatte der Plan eines eigenen Windrads am Rekumer Berg Zoff zwischen der Naturschutzfraktion und den Energieleuten hervorgerufen. Im Moment haben die Naturschützer das Nachsehen.
In Farge verwahrt man sich vehement gegen den Vorwurf, hier werde das St.Florians-Prinzip verfochten, nach dem Motto „Wir sind für Windenergie aber nicht vor meiner Tür“. Als geradezu perfide werten viele in Bremens hohem Norden die Konzeption als „Bürgerwindpark“.Denn weil auch einige Farger ihr Geld in den Windpark stecken wollten, sei der dörfliche Ortsteil gespalten, auch wenn die überwältigende Mehrheit gegen die Windräder sei. Viele sehen den Windpark als ersten Schritt zum geplanten Gewerbegebiet südlich der Hospitalstraße. Insofern vermischt sich der Widerstand gegen das Gewerbegebiet, die diskutierte Verlängerung der Bundesstraße 74 und die Windräder zu einem Ablehnungs-Mix.
Das Übel sei die Landesgrenze, stellen der grüne Ullrich und Udo Jendroschek, Steuerberater und einer der Sprecher der Initiative Farge-Rekum, übereinstimmend fest. Einen Kilometer weiter, auf dem Gebiet der niedersächsischen Gemeinde Schwanewede, hätte niemand etwas gegen die Windräder einzuwenden. „Aber weil das ja ein bremisches Ding sein muß, stellen sie die Mühlen den Leuten in den Vorgarten“, wettert Ullrich.
Eine Mehrheit im Beirat dürfte dennoch zustimmen, wenn über die Bauvoranfrage für die drei Windräder abgestimmt wird. Die CDU will sich in Bremen als Verfechterin der Windkraft profilieren. Auch SPD-Beiratssprecher Karl-Heinz Koch meint, mit „reiner Ablehnung kann man keine Politik machen“.
Die Bürgerinitiative will den Windpark notfalls vor dem Verwaltungsgericht kippen. Sie hält die Argumente der Bremer Umwelt-Behörde, jeweils im Einzelfall über notwendige Abstände von Windrädern zu Wohngebieten entscheiden zu dürfen, für nicht gerichtsfest.
Joachim Fahrun
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