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Ein Mieter-Anwalt zwischen den Stühlen

■ Er vertrat Mieter und Vermieter zugleich. Nun zog der Rechtsanwalt Ernst Medecke die Konsequenz: Er legte sein Amt im Vorstand von „Mieter helfen Mietern“nieder

Da waren's nur noch zwei: Wie erst jetzt bekannt wurde, legte der Hamburger Anwalt Ernst Medecke Ende vergangener Woche sein Amt als einer von drei Vorstandssprechern des Mietervereins „Mieter helfen Mietern“für unbestimmte Zeit nieder. „Es gab Interessenskonflikte zwischen der anwaltlichen Tätigkeit und dem Vorstandsamt von Ernst Medecke“, erklärt Sylvia Sonnemann von „Mieter helfen Mietern“den Rückzug des prominenten Mieter-Anwalts.

Der Hintergrund: Als juristischer Beistand der Mietergenossenschaft Falkenried hatte Medecke zwei Räumungsklagen gegen Bewohner der Eppendorfer Terassenzeile angestrengt. Einer dieser Bewohner ist auch Mitglied des Mietervereins. „Es ist natürlich ein Problem, wenn einer unserer Vorstandssprecher in einem Räu-mungsverfahren die Vermieterseite vertritt“, gibt Sonnemann zu bedenken. „Wir haben Ernst Medecke deutlich gemacht, daß das nach außen hin nicht gut aussieht“, ergänzt Bernd Vetter, einer der beiden verbliebenen Vorstandssprecher. Medecke selbst sieht sich als Opfer „einer Schmutzkampagne“. Mit „an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfen“, so berichtet der Jurist, hätte Wolfgang Roos, einer der beiden von Räumung bedrohten Falkenried-Mieter, seinen „Namen in den Dreck gezogen“und „Mieter helfen Mietern“unter Druck gesetzt. Roos, der als freier Journalist für den Springer-Verlag tätig ist, habe gedroht, eine Pressekampagne gegen Medecke und den Mieterverein in Gang zu setzen. „Ich wollte verhindern, daß „Mieter helfen Mietern“da mit reingezogen wird“, erläutert Medecke seinen Rückzug aus dem Vorstand.

Gegen die Vorwürfe von Roos will Medecke eventuell „juristisch vorgehen“. Der Falkenried-Mieter hatte am Dienstag ein „Hintergrund-Info“in die Hamburger Zeitungsredaktionen gefaxt, in dem er Medecke vorwirft, es „gebilligt“zu haben, „daß eine schwerbehinderte Mieterin von einem Spitzel der Mietergenossenschaft“monatelang überwacht wurde.

Zudem habe Medecke die Genossenschaft gedrängt, eine Räumungsklage gegen ihn einzureichen, weil er sein Badezimmer angeblich ohne Genehmigung des Vermieters renoviert habe. Dabei soll der Anwalt verschwiegen haben, daß dem Mieter eine Umbau-Erlaubnis der inzwischen aufgelösten Wohnungsgesellschaft Neue Heimat, der die Falkenried-Terassen früher gehörten, vorlag.

Für Ernst Medecke ist das „blanker Unsinn“. Der angebliche Spitzel sei ein Vorstandsmitglied der Genossenschaft gewesen, das ab und zu nach dem Rechten geschaut habe, da der Hauptmieter der Wohnung seit „rund fünf Jahren nicht mehr gesichtet wurde“. Medecke: „Ich habe da weder etwas gebilligt, noch habe ich gewußt, daß dort angeblich eine schwerbehinderte Untermieterin lebt.“Bei der Räumungsklage gegen Roos sei es zudem nicht vornehmlich um den Badezimmerumbau gegangen. „Der Mieter hat ohne Genehmigung eine tragende Wand versetzt und so die Statik des Hauses gefährdet.“Erst als Roos sich geweigert habe, den alten Zustand wiederherzustellen, habe die Mietergenossenschaft eine Räumungsklage auf den Weg gebracht. Marco Carini

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