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■ Preussag will doch die Stahl-Tochter verkaufen und als Mischkonzern wachsen

Hannover (taz) – Mit der Preussag Stahl AG, die in Peine, Salzgitter und dem sachsen-anhaltinischen Ilsenburg 9.300 Mitarbeiter beschäftigt, soll jetzt erneut ein bundesdeutscher Stahlproduzent den Besitzer wechseln. Der hannoversche Mischkonzern Preussag AG bestätigt am Dienstag abend erstmals die Absicht, sich von seiner Stahltochter zu trennen. Mittelfristig werde die Preussag AG die Aktienmehrheit bei der Preussag Stahl AG abgeben, erklärte Preussag-Chef Michael Frenzel.

Die einst aus den Stahlwerken Peine/Salzgitter hervorgegangene Preussag Stahl AG gehört zu 99,8 Prozent der Preussag. Gerüchte über einen anstehenden Verkauf des Stahlunternehmens sorgen bereits seit einem halben Jahr in der Belegschaft für Unruhe. Als Kaufinteressenten für die Stahl AG waren dabei die österreichische Voest-Alpine und auch British Steel im Gespräche. Genährt wurden die Befürchtungen bei Belegschaft und Betriebsräten auch durch ein Gutachten der Unternehmensberatung McKinsey, mit dem die Preussag die Marktposition und die Organisation ihrer Stahltochter bewerten ließ. Nach Angaben eines Preussag-Sprechers kommt das Gutachten zu dem Schluß, daß die Preussag Stahl sich durchaus als selbständiges Stahlunternehmen am Markt behaupten könne, auch wenn McKinsey noch eine Verbesserung bei Produktpalette und Arbeitsabläufen anmahne.

Auf welchem Wege sich der Konzern von seiner Stahl-Tochter trennen will, läßt Preussag-Chef Frenzel bisher offen. Eine Alternative zum Verkauf sei die Plazierung einer Aktienmehrheit der Preussag Stahl an der Börse. Dementiert hat Frenzel erneut, daß ein Verkauf von Preussag Stahl an British Stell beschlossene Sache sei. Gegen einen solchen Verkauf machte jüngst Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder Front. Der im Vorwahlkampf stehende SPD-Politiker will sich „mit allen Mitteln für eine unternehmerische Selbständigkeit der Stahlaktivitäten“ in Peine und Salzgitter einsetzen.

Ein Sprecher der Preussag AG bekundete gestern Verständnis für die Sorgen, die die Verkaufsgerüchte ausgelöst hätten. Die beabsichtige Trennung von der Preussag Stahl begründete er mit der Konjunkturabhängigkeit der Stahlbranche. Weiter ausweiten will der Mischkonzern, der mit 200 Tochterunternehmen jährlich rund 26 Milliarden Umsatz macht, sein Engagement im Tourismusgeschäft. Die Preussag AG, die schon jetzt das Sagen bei der hannoverschen TUI hat, möchte gern auch die TUI-Anteile der Deutschen Bahn AG und der Schickedanz/ Quelle-Gruppe übernehmen. Jürgen Voges

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