: Tierschutz erlaubt Tierquälerei
■ Bürgerantrag gegen Tierversuche an Bremer Uni abgelehnt
Einstimmig verabschiedete die Bremer Bürgerschaft in zweiter Lesung die Änderung der Landesverfassung. Nach abschließender dritter Lesung soll folgender Satz in die Verfassung aufgenommen werden: „Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe geachtet. Sie werden vor nicht artgerechter Haltung und vermeidbarem Leid geschützt.“
Über das, was „vermeidbare Leiden“sind, gingen die Meinungen aber auseinander. CDU und SPD stimmten fast einmütig gegen einen mit über 30.000 Unterschriften eingebrachten Bürgerantrag, die geplanten Tierversuche des Neurobiologen Andreas Kreiter an der Bremer Uni als Tierquälerei zu verbieten.
Für die CDU begründete Elisabeth Motschmann die Ablehnung des Bürgerantrags. Sie vertraue den universitären Gremien, die die Versuche Kreiters gebilligt hätten. „Wenn durch die Tierversuche Erkenntnisse über Parkinson und Alzheimer erzielt werden könnten, ist das ein Segen.“Motschmann verwies auf Versuche an Rhesusaffen, mit denen der Polioimpfstoff gegen Kinderlähmung entwickelt wurde. „Selbstversuche von Ärzten waren auch wichtig für die Medizin, aber deswegen fordert sie keiner“, konterte Hermann Kuhn von den Grünen. Er bestritt die Notwendigkeit von Tierexperimenten. „Es wäre für die Uni viel lukrativer und zukunftsweisender, intensiv alternative, technische Versuchsanordnungen zu entwickeln“, sagte der Grüne.
Die SPD lehne den Bürgerantrag zwar ab, aber, so ihr innenpolitischer Sprecher Horst Isola, sollte der Tierschutz endgültig in der Bremer Landesverfassung verankert sein, ergäbe sich eine neue Rechtslage. Die Universität solle dann ihre Entscheidung über die Tierversuche aufgrund der veränderten Rechtslage neu bewerten, forderte Isola.
Inzwischen kursiert an der Uni ein von 27 ProfessorInnen unterschriebenes zweites Memorandum. Darin lehnen die UnterzeichnerInnen ein weiteres Gremium, das einen Konsens über Tierversuche herstellen soll, als Eingriff in die Freiheit der Forschung ab. Würde das Veterinäramt Tierversuche genehmigen, so heißt es im Text, müßte das von allen akzeptiert werden.
Ein erstes Memorandum hatte sich gegen Tierversuche in Bremen ausgesprochen. „An der Diskussion sieht man, wie kontrovers die Meinungen sind. Laßt uns also diskutieren, aber keine Tiere quälen“, kommentierte Tierschützer Apel das zweite Memorandum. schuh
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