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Israelischer Religionsstudent in Jerusalem ermordet

■ Ein weiterer Jude wird durch Schüsse schwer verletzt. Die Täter fliehen unerkannt. Die Opfer gehören zur rechten Siedlerbewegung. Jerusalems Bürgermeister gibt Jassir Arafat die Schuld

Jerusalem (taz) – Bei einem Anschlag in der Altstadt von Jerusalem ist gestern ein jüdischer Religionsstudent getötet worden. Ein zweiter wurde schwer verletzt. Nach Angaben der israelischen Polizei feuerten ein oder zwei Palästinenser kurz nach Mitternacht aus nächster Nähe mit Maschinenpistolen auf die 26 und 18 Jahre alten Männer. Der 26jährige war sofort tot. Der 18jährige schleppte sich noch zum nahe gelegenen Haus von Infrastrukturminister Ariel Sharon, das permanent bewacht wird. Er wurde noch in der Nacht im Krankenhaus operiert. Die Attentäter konnten entkommen.

Ein Sprecher der Polizei erklärte, der Anschlag sei genau geplant und vorbereitet worden. Darauf deutete nicht nur die gelungene Flucht der Täter, sondern auch die Identität der Opfer hin. Die beiden Jeschiva-Studenten gehörten der rechtsgerichteten Siedlerbewegung „Ateret Cohanim“ an, die im muslimischen Teil der Altstadt eine Synagoge und eine Talmudschule unterhält. Finanzier dieser Bewegung ist der US-Millionär Irvin Moskowitz, der in der Altstadt mehrere Häuser aufgekauft hat. Mitglieder von Ateret Cohanim besetzten vor zwei Monaten auch das von Moskowitz gekaufte Haus im Ost-Jerusalemer Stadtviertel Ras al-Amud und lösten damit heftige palästinensische Proteste aus. Politisches Ziel der Bewegung ist die jüdische Übernahme des muslimischen Viertels der Altstadt.

Israels Ministerpräsident Netanjahu verurteilte den Anschlag als schwere und nicht hinnehmbare Tat. Er rief eine Sondersitzung des Kabinetts ein, um über Gegenmaßnahmen zu beraten. Die Polizei verstärkte gestern ihre Präsenz und traf Vorbereitungen, einen neuen Posten in der Altstadt zu errichten. Polizeiminister Avigdor Kahalani, der am Morgen den Tatort besuchte, erklärte, das Attentat zeige eine neue „Qualität des Terrorismus“. Es sei „das erste Mal, daß bei einem Anschlag in der Altstadt automatische Waffen eingesetzt wurden“. Frühere Überfälle seien nur mit Messern ausgeführt worden.

Seit Monaten hatte es in der Altstadt allerdings keine Zwischenfälle mehr gegeben. Beobachter erwarten aber nicht, daß das Kabinett jetzt eine verstärkte jüdische Siedlungstätigkeit im muslimischen Viertel beschließen wird. Sprecher der Siedler hatten gestern die Forderung erhoben, für jeden Anschlag auf ein jüdisches Leben ein palästinensisches Haus in der Altstadt zu übernehmen. Jerusalems Bürgermeister Ehud Olmert beschuldigte Palästinenserpräsident Jassir Arafat, für die Tat direkt verantwortlich zu sein. Vor dem Damaskustor sagte er über die bislang unbekannten Attentäter: „Sie folgen seinen Anweisungen und berichten ihm anschließend.“ Georg Baltissen

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