piwik no script img

Anzeige gegen Praxen

■ Ermittlungen gegen Herzspezialisten wegen überhöhter Abrechnungen. Millionenschaden

Bonn (dpa) – Der Skandal um überhöhte Abrechnungen von Herzmedizinern weitet sich aus. Die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) haben bundesweit gegen zehn weitere kardiologische Gemeinschaftspraxen in Deutschland Strafanzeige wegen des Verdachts überhöhter Sachkostenabrechnungen gestellt. Sie befürchten einen Schaden zu Lasten von Versicherten und anderen Ärzten in der Größenordnung von 50 Millionen Mark. Dies sagte Gernot Kiefer vom Vorstand des Bundesverbandes der Innungskrankenkassen (IKK) gestern in Bonn. Der IKK-Bundesverband verfolgt diese Fälle federführend.

Die Kassen hatten bereits Anfang Juli Strafantrag gegen zwei niedergelassene Herzspezialisten in Hannover wegen Betrugsverdachts gestellt. In einem dieser Fälle sei bereits eine Pfändung über 4,1 Millionen Mark erwirkt worden. Die zehn neu angezeigten Praxen liegen in Baden-Württemberg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein und zählen nach Darstellung von Kiefer zu den größten in Deutschland. Es gebe bundesweit insgesamt rund 100 solcher Praxen für diagnostische Herzkatheteruntersuchungen und Ballonerweiterungen der Herzkranzgefäße.

In Halle bestätigte Staatsanwalt Folker Bittmann den Eingang der Strafanzeige gegen ortsansässige Kardiologen wegen betrügerischer Nichtweitergabe von Rabatten bei Herzkathetern. Mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen könne die Zahl der beschuldigten Ärzte nicht genannt werden. In Schleswig-Holstein gibt es laut Ersatzkassenverbände zwei ambulante Herzspezialisten mit eigenen Praxen sowie vier Ärzte, die in Krankenhäusern ambulante Behandlungen am Herzen vornehmen dürfen. Auch in Hamburger Praxen habe es Überprüfungen gegeben, bestätigte die Sprecherin der Ersatzkassenverbände in Hamburg, Vera Kahnat. Auf die Frage, ob bei den Nachprüfungen der von den Kassen eingesetzten Arbeitsgruppe noch weitere „schwarze Schafe“ aufgedeckt würden, wollte Kiefer sich nicht festlegen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen