Nachgefragt: Ruhe an der Bremer Uni
■ AStA-Vorstand Petra Scharrelmann zu Protesten von Studis in Deutschland
Wie ein Flächenbrand breiten sich die Proteste gegen die Misere der Hochschulen aus. An den Universitäten in Gießen, Bonn, Halle, Köln und Berlin wird bereits protestiert, andere Unis wollen bald nachziehen. In Bremen haben Studierende eben erst die Einführung von Einschreibegebühren verhindert. Ob sich der AStA jetzt auf seinen Loorbeeren ausruht, fragte die taz Petra Scharrelmann vom neuen Uni-AStA.
taz: Die Unistreiks breiten sich von Hessen über weitere Bundesländer aus. Was passiert in Bremen?
Petra Scharrelmann, AStA-Vorstand der Uni Bremen: In der ersten Dezemberwoche ist bundesweit Aktionswoche. Daran beteiligen wir uns mit Aktionen, gegebenenfalls auch mit einem Streik.
Die Verhinderung der Einschreibegebühren war ein großer Erfolg für euch. Hat das eine Mobilisierung von Mitstreitern ausgelöst, die sich jetzt politisch engagieren wollen?
Gerade für viele Erstsemester war das sicherlich der Einstig in politische Arbeit, ein Anreiz, wo sie sehen: „Hey, wenn ich mich engagiere, dann passiert auch was“. Leute, die länger dabei sind, sehen das mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Einerseits freuen wir uns, daß endlich was passiert ist, andererseits sehen wir, daß noch ganz viel vor uns liegt.
Die Aktionswoche soll erst in zwei Wochen sein. Bis dahin könnte die momentane Stimmung doch schon wieder verpufft sein?
Nein, das glaube ich überhaupt nicht. Viele Probleme werden weiterhin hochaktuell sein, zum Beispiel die Änderung des Hochschul-Rahmengesetzes. Der Haushalt in Bremen wird bald beschlossen, dann wissen wir, wo die 6,5 Millionen bleiben, die durch die Nichteinführung der Einschreibegebühren futsch sind.
Die Bremer Situation in allen Ehren – gerade wurde beschlossen, das Bafög zu halbieren. Das ist ein Thema, das jetzt in ganz Deutschland prickelt. Was kommt in dieser Situation von euch?
So ein Streik kostet total viel Kraft. Wir brauchen hier einfach noch ein oder zwei Wochen. Die Leute haben keine Lust, einfach nur aktionistisch einen Streik zu machen, das haben wir gerade erst gesehen. Die Studierenden wollen Infos und Diskussionen. Wir müssen unsere Kräfte einteilen. So eine Protestbewegung kann man nicht aus dem Boden stampfen. Studierenden werden nicht einfach auf einen Streik aufspringen, wenn sie nicht ganz konkrete Probleme sehen, über die sie diskutieren wollen.
Die Halbierung des Bafögs ist doch sehr konkret...?
Natürlich ist das eine Schweinerei. Wichtig ist aber, den ganzen Kontext wahrzunehmen und zu begreifen. Verpuffen wird das alles, wenn es so läuft wie das letzte Mal: Als die 100 Mark vom Tisch waren, bong! war alles zu Ende, obwohl gleichzeitig die Demokratie an der Uni weiter abgebaut wird, obwohl AusländerInnen kaum noch bei uns studieren können und so weiter. Es geht eben um mehr: Um eine wirkliche Kontinuität. Erst dann hat man nicht immer nur diese Fegefeuer, die langfristig nichts bringen.
Verzettelt man sich dann nicht, wenn man zu viele Themen auf einmal verkaufen will?
Das Wichtige ist doch immer wieder, den Studierenden zu zeigen, wie alles zusammenhängt. Daß sie nicht einfach nur denken: „Hach, die 100 Mark sind vom Tisch“, und gleichzeitig wird Demokratie an der Uni weiter abgebaut.
Sogar Bundesbildungsminister Rüttgers und Hochschulrektorenkonferenz sind froh, daß die Studis endlich ihre Finger heben...
Die Studenten sollen doch nur ihre Finger heben und sich in ganz bestimmten Bereichen engagieren. Sobald das Engagement da stattfindet, wo es ihnen nicht paßt, werden die sich schon wehren.
Fragen: Christoph Dowe
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