„Unser Gegner heißt Schröder“

■ Auf ihrem Wahlparteitag in Celle formulierten die Grünen in Niedersachsen Bedingungen für eine mögliche rot-grüne Koalition

Hannover (taz) – Daß am 1. März nächsten Jahres nicht nur in Hannover, sondern auch in Bonn gespannt auf den Ausgang der niedersächsischen Landtagswahl geguckt wird, ist mittlerweile eine stehende Erkenntnis. Daß die Bedeutung von Hannover noch darüber hinausgeht, weiß nicht unbedingt jeder. Für Kerstin Müller, Fraktionssprecherin der grünen Bundestagsfraktion, ist der Urnengang in Niedersachsen „mehr als ein Testwahl für Bonn“. Mit der Landtagswahl beginne die heiße Phase des Bundestagswahlkampfes, sagte sie auf dem Parteitag der niedersächsischen Grünen am Wochenende in Celle. Und wer in Niedersachsen Gerhard Schröder seine Stimme gebe, riskiere, in Bonn bei einer großen Koalition und bei Wolfgang Schäuble zu enden.

Auch für Rebecca Harms, die grüne Spitzenkandidatin in Niedersachsen, heißt der „Gegner in der Niedersachsenwahl Gerhard Schröder“. Auf die selbstverliebten Spielchen des Ministerpräsidenten, der die Landtagswahl zur SPD-Kandidatenkür stilisieren will, könnten die Grünen keine Rücksicht nehmen. Es gelte, die absolute SPD-Mehrheit in Niedersachsen zu brechen.

Die von den Delegierten erneut gefeierte Rebecca Harms formulierte in Celle bereits Bedingungen für eine rot-grüne Koalition nach der Landtagswahl. Sie verlangte eine Umverteilung von Arbeit durch Arbeitszeitverkürzung auch für den öffentlichen Dienst des Landes. Sie bestand auf einem niedersächsischen „Bündnis für Arbeit“, auf der von Schröder abgelehnten „Ausbildungsplatzumlage“, auf der Zustimmung des Landes zur ökologisch-sozialen Steuerreform und auf dem Atomausstieg. Gegen den „potentiellen Kanzlerkandidaten“ setzte Harms politische Eckpunkte, die sich zwar gleichermaßen in den Programmen von Grünen und SPD finden, von denen sich Gerhard Schröder persönlich aber bereits verabschiedet hat.

In der Rede der Spitzenkandidatin wurden aber auch Querelen innerhalb des grünen Landesverbandes deutlich. „Es ist nicht die Zeit, über Posten zu streiten und Flügelpositionen zu erfinden, um damit Startlöcher für Ministerinnen oder Minister auszukämpfen“, kritisierte Harms den Grünen-internen Karrierismus. Anschließend wurden die neuen Mitglieder jener Kommission bestimmt, die nach der Landtagswahl die Koalitionsverhandlungen mit der SPD führen soll und die faktisch auch über die Vergabe von Posten entscheiden wird.

Als neue Landesvorstandssprecherin wurde in Celle Reneé Krebs gewählt, deren Vorgängerin Meta Janssen-Kucz für den Landtag kandidiert. Der bisherige Vorstandssprecher Hans-Albert Lennartz wurde mit überwältigender Mehrheit in seinem Amt bestätigt. Die 43jährige Bibliothekarin Reneé Krebs setzte sich gegen die Beisitzerin im Landesvorstand Heidi Tischmann durch. Krebs ist Grünen-Chefin in Hannover und arbeitet beim Landesbehindertenbeauftragten. Früher war das Gründungsmitglied der Grünen im Büro des Landesministers Jürgen Trittin tätig, heute will Krebs dafür sorgen, daß sich der Landesvorstand im Falle einer rot-grünen Koalition nicht als „Opposition in der Regierungspartei“ versteht. Jürgen Voges