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Neulich in der Konfetti-Fabrik

■ McKinsey und noch kein Ende: Bühnenverein zerpflückt Gutachten / Zwischen Kahrs und Pierwoß herrscht Funkstille

Eine Frage: Wie macht man Konfetti? Die Antwort: Man schickt die Unternehmensberater von McKinsey für zwei Stunden ins Theater, gibt ihnen Statistiken des Deutschen Bühnenvereins und läßt anschließend das erstellte Gutachten begutachten. Das rieselt wie folgt: „Die ermittelten Ein-sparungspotentiale entbehren einer seriösen Grundlage und müssen als nicht realisierbar angesehen werden“, gab jetzt Rolf Bolwin, Konfettiproduzent und hauptberuflich geschäftsführender Direktor eben jenes Bühnenvereins, zu Protokoll. In einer sechsseitigen „Stellungnahme zum Gutachten der Firma McKinsey über das Bremer Theater“nahm er sich die Studie vor.

Bolwin zu Folge beruhen MkKinseys Vorschläge nahezu ausschließlich auf der Theaterstatistik des Bühnenvereins, dem auch das Bremer Theater angehört. Doch aus diesen Zahlen ließen sich nur begrenzt Vergleiche der Theater herleiten, weil die Statistik keine Angaben zum Spielplan enthält. Außerdem lasse McKinsey die Probenintensität außer acht oder differenziere nicht mal zwischen Schauspiel- und Opernproduktionen. Bolwins Fazit: Sämtliche von MkKinsey gefundenen und nur in einem internen Papier bezifferten Einsparpotentiale sind nicht begründet und gefährden „einen in den letzten Jahren so erfolgreichen Betrieb wie das Bremer Theater“.

Theaterintendant Klaus Pierwoß sieht sich erwartungsgemäß bestätigt: „Bolwin vertritt die wichtigste Instanz der deutschen Theaterszene, und man kann uns jetzt nicht mehr mit dem Satz ,da jaulen irgendwelche Betroffenen auf' abspeisen.“Darüber, wie viel beim Theater angeblich zu holen sein soll, haben unterdessen muntere Spekulationen eingesetzt. McKinsey hatte sein ursprünglich errechnetes und in einem Brief an Pierwoß und Kultursenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) mitgeteiltes Potential von 12,7 Millionen Mark auf rund sechs Millionen Mark halbiert. Die Senatorin hört man mal von zwei und mal von einer Millionen Mark sprechen. In einer Stellungnahme zur Stellungnahme wies Kahrs darauf hin, daß McKinsey im Theaterkapitel keine Zahlen nenne. „Bolwins Befürchtungen sind gegenstandslos“, sagte sie.

Klaus Pierwoß will sich indes nicht auf einen Satz wie „Weitere Kürzungen? – Ohne mich!“festlegen. Der Hintergrund: Mit Ende der Spielzeit 1998/99 läuft sein Vertrag aus. Nach Pierwoß Angaben muß Kahrs, die dem Theateraufsichtsrat vorsitzt, bis zum 31. Dezember 1997 Mitteilung über eine Verlängerung machen. Doch, so Pierwoß: „In den Vertragsverhandlungen herrscht zur Zeit Funkstille.“Und: „Das bringt mich langsam in die Bredouille bei Verpflichtungen von Künstlern.“

Neben dem Bühnenverein hat sich jetzt auch das Schauspielensemble zum Thema geäußert. In einem offenen Brief des Ensembles heißt es, daß das McKinsey-Gutachten Ausdruck einer wachsenden Kulturfeindlichkeit der Bremer Politik sei. Mit einer Minimalbesetzung erstelle das 19köpfige Bremer Schauspielensemble einen Spielplan, den vergleichbare Häuser nur mit doppelter oder dreifacher Stärke leisteten. ck

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