: Eine Wochenpostille für den rechten Mittelstand
■ Ein FDPler will eine neue rechte Zeitung für die unzufriedenen Steuerzahler gründen
Berlin taz) – Wenn Markus Roscher, bekennender Nationalliberaler in der Berliner FDP, derzeit auf Parteifreunde trifft, spricht er gerne über sein Lieblingsprojekt: eine neue Wochenzeitung für den rechten Mittelstand. Als vernachlässigte Zielgruppe hat der 34jährige Rechtsanwalt den „drogenresistenten Steuerzahler“ ausgemacht, der sich als „Milchkuh der Gesellschaft sieht“.
Seit Jahren bemüht sich der Burschenschafter, die FDP nach rechts zu bewegen. Zusammen mit anderen stramm Konservativen zählt er sich zum Unterstützerkreis um den ehemaligen Generalbundesanwalt Alexander von Stahl, der im Januar erneut für den Berliner FDP-Vorsitz kandidiert. Roschers Zeitungspläne sind nicht weniger ehrgeizig. Mit einem Umfang von 20 Seiten und einer Auflage von 50.000 soll das Blatt Anfang nächsten Jahres auf dem Markt erscheinen. Ein Dutzend „junger Journalisten“ seien für das Projekt gewonnen, noch diskutiere man allerdings über Inhalt und Format. Roschers Zeitung, sollte sie wirklich über das Planungsstadium hinauskommen, könnte vor allem der Jungen Freiheit (JF) Konkurrenz machen. Die rechte Wochenpostille, die seit einigen Jahren in den Berichten des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes erwähnt wird, operiert hart am wirtschaftlichen Abgrund. Gegen Chefredakteur Dieter Stein läuft seit Monaten bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Konkursverschleppung – angestrengt durch eine Strafanzeige seines ehemaligen Mitstreiters Götz Meidinger.
Zwar gibt der Verlag die verkaufte Auflage seit Monaten stoisch mit 36.000 an, doch selbst diese vergleichsweise bescheidene Zahl dürfte noch weit übertrieben sein, wie Nordrhein-Westfalens Verfassungsschützer vermuten. JF-Chefredakteur Dieter Stein gibt sich gelassen. Roscher habe mit ihm über das Zeitungsprojekt gesprochen, doch könne er beim „besten Willen nichts Substantielles“ erkennen: „Mir ist schleierhaft, was das für eine Zeitung werden soll.“ Roscher, in der Vergangenheit gelegentlicher Gastautor der JF, will mit Steins Blatt gar nicht erst verglichen werden – wohl im Wissen um die schlechte Publizität bei potentiellen Lesern und Anzeigenkunden. Trotz „aller Wertschätzung“ für die JF, erklärt er, gebe es doch „Wichtigeres, als sich immer wieder mit dem Kriegsmist zu beschäftigen“. Statt dessen sollten „Probleme des Mittelstandes“ aufgegriffen werden. Dazu zählt Roscher vor allem die „drückende Steuerlast“, die „Gefahren des Euro“ und die „ungerechtfertigten Enteignungen“ in der DDR.
Als einer der Hauptfinanziers von Roschers Projekt gilt Peter Kruck. Der Geschäftsführer der Starina Massivbau GmbH an der Stadtgrenze zu Berlin ist ein unbekanntes Licht. Bis vor kurzem war der Bauunternehmer lediglich als ehrenamtliches Mitglied der konservativen Gesellschaft Historisches Berlin aufgefallen – einer Runde, die sich für den Wiederaufbau des zu DDR-Zeiten gesprengten Stadtschlosses stark macht.
Daß er Roscher eine halbe Million als Starthilfe für die Wochenzeitung geboten haben soll, dementiert Kruck aufs heftigste: „Das ist alles Quatsch.“ Überhaupt sei es noch viel zu früh, um konkrete Aussagen über das Zeitungsprojekt machen zu können. Ein Satz, der JF-Chefredakteur Dieter Stein wohlbekannt klingt. Kruck, so erinnert er sich, habe vor geraumer Zeit schon einmal seiner Zeitung Hilfe angeboten, doch „konzeptionell sind wir nie zu Potte gekommen“. Severin Weiland
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