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■ VorschlagO Mensch: Walter Hasenclevers „Der Sohn“ in der Parochialkirche

Im Vorraum der Parochialkirche stehen drei Monitore. Eine schnaubende Vagina, ein Mund, eine gehende Figur, stroboskopisch zerstückelt. Videokünstler Kolja B. Kunt will laut Programmheft filmische Bilder aus der Perspektive des Sohns für die drei Nebenfiguren in Walter Hasenclevers Drama finden: Fräulein, Vater, Freund treten als das unheimliche Weibliche, als Gesetz und das nicht Verortbare auf. Drei Symbolscheinwerfer auf einem expressionistischen Text von 1914, der den übersteigerten Daseinswillen eines empfindsamen Gymnasiasten gegenüber seinem drakonischen Vater als unerbittlich poetisches Initiationsritual inszeniert.

Der junge Regisseur Bela Levin, der den Abend etwas redundant „ein spiel, ein drama, ein theaterprojekt“ nach Hasenclever (nicht: von!) nennt, klebt erstaunlich fest an diesem unsäglich pathetischen Text. Menschen in grauen Überzügen lösen sich langsam aus einer verschlungenen Gruppe, der weißgekleidete Sohn (von einer Frau gespielt) kommt zum Vorschein und wird zum Leben erweckt. Schwarze Kleidungsstücke markieren die Stationen seiner Mannwerdung. Sein Freund wird als Mephistofigur gezeigt: als Einsager und Regisseur im Reich der Geister, die in den Ecken hausen. Der Vater, ein Arzt in einer weißen Zwangsjacke, bleibt blaß, die Überfigur bloße Behauptung. Und das liebevolle Fräulein Gouvernante ist bei Levin die schroffe Geliebte des Vaters – Ödipus läßt grüßen.

Fünf Gewichte an Seilen grenzen in der Mitte des Raumes eine runde Fläche ab: was hier eine Art Kraftfeld des Sohnes sein soll, hätte als Spielraum genügen müssen.

Mit der Bespielung des Kirchenraums überhebt sich der Regisseur. Alles fällt auseinander. Zumal es Levin weder um Rebellion gegen den Vater noch um Vaterlosigkeit geht. Mit der Betonung des leeren Raumes unterwirft er sich lediglich einem Diktat der postmodernen Geste, hat aber nicht mehr zu bieten als vordergründige Texttreue. Tobi Müller

Bis 7.12., Do–So, 20.30 Uhr, Parochialkirche, Klosterstraße 67

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