: Heißes Pflaster Innenstadt
■ Gewerkschaft der Polizei stellt Hitliste der gefährlichsten Bezirke vor. GdP-Vorsitzender Schönberg setzt sich von der Null-Toleranz-Linie des US-Supercops William Bratton ab
Wenn Sie nicht wollen, daß in Ihre Wohnung eingebrochen wird oder Ihnen die Handtasche geklaut wird, sollten Sie nach Tempelhof, Steglitz oder Köpenick ziehen. Köpenick hat für Frauen allerdings einen großen Nachteil: In dem zu 75 Prozent mit Wald und Grünflächen ausgestatteten Bezirk werden nach Mitte die meisten Sexualstraftaten begangen. Das geht aus einer Statistik hervor, die die Gewerkschaft der Polizei (GdP) über die gefährlichsten Bezirke zusammengestellt hat.
Wer das heiße Plaster vorzieht, sollte sich demnach am besten eine Wohnung in der Innenstadt nehmen. Mit 10.682 angezeigten Delikten pro 100.000 Einwohner (Zahlen von 1996) belegt der Regierungsbezirk Mitte in der Hitliste der Berliner Straßenkriminalität Platz eins, gefolgt von Charlottenburg und Tiergarten. Stadtweit am meisten Straftaten werden im City—Abschnitt 27 rund um die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und den Kurfürstendamm registriert. Aber nicht Taschendiebstahl und Raub, sondern vor allem Baustelleneinbrüche treiben die Statistik der Straßenkriminalität in den einzelnen Bezirken nach oben. In Mitte wurde 1996 auf Baustellen 541mal eingebrochen, das Schlußlicht bildet Zehlendorf mit 63 registrierten Taten dieser Art. Dafür werden in dem Villenbezirk die meisten Einfamilienhauseinbrüche verübt. Im Wedding ist das Risiko am größten, einer Körperverletzung zum Opfer zu fallen.
Die Fleißarbeit hatte die GdP natürlich nicht ohne Grund gemacht. Die Hitliste wurde gestern zusammen mit einer Dokumentation über eine Veranstaltung der GdP mit dem ehemaligen Polizeipräsidenten von New York, William Bratton, der Öffentlichkeit präsentiert. „Wir wollen damit aufzeigen, was man aus dem New Yorker Modell lernen kann“, sagte GdP-Vorsitzender Eberhard Schönberg. Er forderte ein Gesamtmodell zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung unter Einbeziehung sämtlicher staatlichen Institutionen, der Bürger sowie der Presse. Vor allem die Grünflächenämter müßten sich wieder ihrer Verantwortung zur Verfolgung von Ordungswidrigkeiten bewußt werden, sagte Schönberg und nannte als Bespiel Hundekot und öffentliches Trinken. Anhänger der Null-Toleranz- Linie“ gegenüber Bagatelltätern sei er aber nicht, so Schönberg. Wenn der US-Supercop „null Toleranz“ gesagt habe, habe er damit „null Toleranz“ gegenüber korrupten Polizisten gemeint und weniger gegenüber Schwarzfahrern. Die Berliner Bratton-Gegner seien in dieser Hinsicht einem großen „Irrtum“ erlegen, der richtige Begriff sei „Grenzen setzen“. Plutonia Plarre
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