: Bombe aus dem All
■ Wenn ein Meteorit im Meer einschlägt, schwappt Ozean über: Näheres haben Bremerhavener Wissenschaftler erstmals erforscht
Fällt ein Stein ins Wasser, wirft er Wellen. Stürzt ein Meteorit in den Ozean, geschieht das Gleiche – nur in anderen Dimensionen: Kilometerhohe Wellen, die Zerstörung von Küstenregionen auf der südlichen Erdhalbkugel und eine wochenlange Abschattung des Sonnenlichts waren die dramatischen Folgen, als vor mehr als zwei Millionen Jahren der Asteroid „Eltanin“mit einer Sprengkraft von bis zu 500 Hiroshima-Bomben im Südostpazifik einschlug. Dieses Szenario beschreibt der Geologe Rainer Gersonde vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven in der neuen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature. Erstmals werden damit die Folgen eines Meteoriteneinschlags im Ozean genau geschildert.
Gestützt auf Untersuchungen von US-GeologInnen, brach das AWI-Forschungsschiff „Polarstern“vor zwei Jahren in das Bellingshausenmeer südwestlich der chilenischen Küste auf. „Wir mußten uns durch orkanartige Stürme kämpfen“, erinnert sich Gersonde, der mit zwölf weiteren WissenschaftlerInnen an der Expedition teilnahm. Trotzdem brachte das Team Sedimentproben nach Bremerhaven mit.
Der Meteorit „Eltanin“hatte demnach einen Durchmesser zwischen einem und vier Kilometern. Bei seinem Einschlag stiegen mindestens vier Kilometer hohe Wellen auf, die sich mit einer Geschwindigkeit von 200 Stundenkilometern über die Ozeane ausbreiteten und an den Küsten immer noch mehrere hundert Meter hoch waren. Gersonde geht davon aus, daß diese Katastrophe das Klima veränderte. „Eltanin“fiel buchstäblich in eine ausgeprägte Kaltzeit. Auch Anschwemmungen von Meeressäugern in Gebirgen der Antarktis sind jetzt als Folgen der Riesenwellen zu erklären.
Ozeanische Meteoriteneinschläge wie der von „Eltanin“sind bislang aus Mangel an Informationen kaum beachtet worden. „Der Meeresboden ist noch nicht genau kartographiert“, sagt Gersonde und glaubt, daß in Probenarchiven von Meeressedimenten noch nicht entdeckte Spuren von Asteroideneinschlägen zu finden sind. Die Forschung geht – wie immer – weiter.
Menschen kamen bei der Katastrophe vor zwei Millionen Jahren nicht zu Schaden, denn es gab damals erst Vorformen. Die Wahrscheinlichkeit, eine ähnliche Katastrophe zu erleben, ist gering: Statistisch geht ein so großer Asteroid alle 400.000 Jahre auf die Erde nieder, der letzte schlug vor rund 50.000 Jahren ein. Demnach haben wir noch 350.000 Jahre Ruhe. ck
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