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Justizbeamte packten vor dem Ausschuß aus

■ Knast-Leiter Hoff hinderte seine Untergebenen angeblich daran, Straftaten aufzuklären

Schwere Vorwürfe haben die Justizvollzugsbeamten, die gestern vor dem Knast-Untersuchungsausschuß gehört wurden, gegen den ehemaligen Leiter der Haftanstalt Oslebshausen, Hans-Henning Hoff, erhoben. Er habe sie mit allen Problemen alleingelassen. Hoff habe Meldungen über besondere Vorkommnisse ignoriert und die Beamten daran gehindert, gegen Waffen und Drogen im Knast vorzugehen. Sandra B. und Jürgen N. die die Staatsanwaltschaft für die Drahtzieher der Prügeleien im Knast hält, verweigerten die Aussage. Die Beamten, die gestern auspackten, sollen nur am Rande an den Mißhandlungen beteiligt gewesen sein. Sie hatten mit ihren Aussagen bereits dafür gesorgt, daß ihre beiden Kollegen überführt werden konnten.

„Wir waren der Mülleimer der Anstalt“, sagte der JVA-Beamte Ingolf K. Das Haus 3 sei das „Abstellgleis“des Knasts gewesen, bestätigte auch Uwe D. Neben den Untersuchungs-Häfltingen seien dort besonders schwierige und renitente Gefangene untergebracht worden. Zwischen Haus 3 und Anstaltsleitung herrschte aber „praktisch Funkstille“, klagte Uwe D. „Wir wurden ziemlich im Stich gelassen“, sagte auch Ingo K. Ein Häftling habe beispielsweise in Briefen immer wieder gedroht, „die Anstalt in die Luft fliegen zu lassen“. Eine Zellendurchsuchung sei von Hoff jedoch abgelehnt worden. Als zwei Beamte die Zelle auf eigene Faust durchsucht hätten, habe der Häftling ihnen einen selbstgebauten Schußapparat vor den Bauch gehalten, erzählte Ingo K. weiter.

Binnen drei Tagen habe er aufgrund von Drogenfunden acht Anzeigen geschrieben, berichtete der JVA-Beamte Uwe D. Kurz darauf sei er auf Geheiß der Anstaltsleitung zum Hofdienst abkommandiert worden. „Wahrscheinlich war das zu viel in zu kurzer Zeit“, resümierte D. Seiner Einschätzung nach habe Hoff die Drogenproblematik runterspielen wollen, „so nach dem Motto: Wir haben kein Drogenproblem.“

Hoff sei auf „sein großes Ziel mit dem Ansprechpartner-System“versteift gewesen. „Alles andere, was da drum herumlief, hat er vernächlässigt und sich nur um die Vollzugsgruppen gekümmert“, so D. weiter. Dienstbesprechungen habe es so gut wie nicht gegeben. Auch die Verfügungen hätten ihnen den Dienst nicht erleichtert. Mitunter seien die Verfügungen alle 14 Tage geändert worden und hätten sich widersprochen. „Man wußte gar nicht, an welche Verfügung man sich halten sollte. Das war ein ganz schönes Durcheinander“, sagte Dieter K. Im Laufe des Jahres 1996 hätten die Beamten dann verabredet, endlich wieder „eine klare Linie“in die U-Haft zu bringen und eine „härtere Linie“zu fahren. „Wir mußten alle n' bißchen zusammenhalten, um die Konflikte bewältigen zu können“, beschrieb Ingo K. die Stimmung. Zum Teil hätten zwei Beamte 48 Gefangene beaufsichtigen müssen. Bis zu 100 mal in einer Schicht hätten die Häftlinge das Notlicht gedrückt, erzählte Wilhelm F. Über die Mißhandlungen sagten die Beamten in nichtöffentlicher Verhandlung aus. kes

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