: Unselige Tradition
■ betr.: „Flüchtlinge zurück in den Bürgerkrieg“, taz vom 22./23.11. 97
Menschenrechtswidrige Beschlüsse haben bei der jährlichen Innenministerkonferenz eine unselige Tradition. Erst trifft es die KurdInnen, dann die Bosnienflüchtlinge, und nun sind die AlgerierInnen dran. Hier in Bremen praktiziert Innensenator Borttscheller (CDU) gegenüber dem „großen Bruder“ in Bonn längst voller Fleiß aufopfernde Nibelungentreue. Jüngstes Beispiel seines Eifers bildet eine Gruppe von Togoern, wobei er selbst vor dem Rausschmiß von minderjährigen Pennälern nicht zurückschreckt. Da wäre einer vermutlich längst in der Gewalt seiner Häscher, wenn es nicht die beispielhafte Solidarität einer ganzen Schule gäbe...
Kanther & Konsorten hätten die Republik vermutlich am liebsten „ausländerfrei“. Daß selbst SPD-Minister dieses schäbige Spiel mitmachen, ist besonders übel. Auch hier in Bremen will eine große Koaliton von Abschiebern jetzt die politischen Flüchtlinge aus Algerien so schnell wie möglich loswerden. CDU, SPD und AfB (Arbeit für Bremen) haben in der Bremischen Bürgerschaft beschlossen, einen Antrag der Grünen an den Senat der Hansestadt auf Nichtbeteiligung abzulehnen. Damit machen natürlich auch sie sich zu Komplizen und Handlangern von Folterern und Massenmördern.
Dazu gibt es die Begründung des CDU-Abgeordneten Peters, der im Parlament mit den Worten herumschwadronierte: „Ein abgeschobener Asylant wird in Algerien nicht erschossen, weil er Asylant war, sondern weil er sich zufällig an einem Ort befindet, wo ein Massaker stattfindet.“ Abgesehen von der menschenverachtenden Sprache zeugen solche Aussagen auch von einem hohen Maß an Ignoranz und politischer Dummheit, was dann besonders peinlich wirkt. Doch körperliche Schmerzen scheinen die Herrschaften dabei wohl nicht zu empfinden. Wieland von Hodenburg,
Konsulat der „Geisten Republik
Zitzer“ in Bremen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen