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■ Nach seinem Wechsel ins Weiße Haus gilt David Doniger als umstrittene FigurMit einem Teufelspakt die Luft reinhalten

David Doniger liebt große Probleme: „Im Weißen Haus haben wir manchmal Witze über die Dimension des Problems gemacht“, erzählt er, „wir sprachen von lokalem, regionalem, nationalem, internationalem und – interplanetarischem Handel mit Emissionsrechten.“ Aber auch wenn man auf dem globalen Teppich bleibe, gibt es wohl kaum ein größeres Thema als die Luftreinhaltung. Außer groß sollten die Probleme aber möglichst auch schwierig sein – außer Klimaschutz fiele ihm allenfalls die Reform der amerikanischen Wahlkampffinanzierung ein.

David Doniger ist Abteilungsleiter in der amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA. Sein Weg führte vom Umweltverband Natural Resources Defense Council (NRDC) über das Weiße Haus ins Ministerium, von der Umweltschutzlobby zur Regierung – ein Frontwechsel, der in Amerika nicht ungewöhnlich ist, der David Doniger aber zur umstrittenen Figur des amerikanischen Umweltschutzes gemacht hat.

In seinem Büro sind Schreibtisch und Stühle mit Papieren und Aktenbergen belegt, Mäntel werden auf dem Boden abgelegt. An der Wand zwei polzentrische Satellitenaufnahmen der Erde mit Blick durchs Ozonloch 1979 und 1990. Dies ist das Büro für Air & Radiation – man ist versucht, den Titel mit „strahlender Himmel“ zu übersetzen, denn David Doniger sitzt wie der Herr der Lüfte in einem der wenigen Büros mit Aussicht auf den Anacostia River und macht Klimapolitik. Hier formulierte er den Vorschlag zur Konferenz von Kioto – zusammen natürlich mit einem Dutzend anderer Leute aus anderen Ministerien und Behörden und mit dem Präsidenten selber, wie Doniger eilends hinzufügt. Eigentlich war Stadtplanung sein Thema, als er Ende der siebziger Jahre als Mittzwanziger sein Jurastudium abschloß. Doch Stadtplaner waren ohne Einfluß, weil mittellos. Dafür gewann die Umweltschutzbewegung an Bedeutung, und die hatte Einfluß auch ohne Geld, denn die Durchsetzung ihrer Ziele war nicht von öffentlichen Mitteln abhängig.

Er begann als Anwalt des Natural Resources Defense Council und lernte damals schon das Hin- und Herspringen zwischen den Fronten. Mal umwarb er im Auftrag der Umweltschutzbehörde Kongreßabgeordnete, deren Stimme ein Gesetzesvorhaben brauchte, mal zerrte er die Umweltschutzbehörde vor Gericht, weil sie Gesetze nicht richtig durchführte. Also tanzte er immer auf zwei Hochzeiten, mußte mit Richtern wie Gesetzgebern gleichermaßen gut argumentieren.

Am Engagement für die Reinhaltung der Luft haben ihn immer zwei Aspekte fasziniert, der internationale war der eine davon. 1986 hielt er eine Rede, in der er den Gedanken entwickelte, durch einen internationalen Vertrag und über einen Zeitraum von zehn Jahren die Fluorchlorkohlenwasserstoffe auf Null zu bringen. „Die Reagan-Regierung von dieser Idee zu überzeugen war eine interessante Herausforderung“, fügt er lächelnd hinzu. „Zäh ist er“, sagen auch jene von ihm, die meinen, daß er in seiner jetzigen Position mehr tun könnte.

Der andere Aspekt war die Verhandlung mit dem Gegner. Er wußte, mit wem er sich da einließ, hatte er doch das Who's who der amerikanischen Ozonkiller und Luftverschmutzer herausgegeben. Aber er versprach sich etwas von einem Teufelspakt, bei dem Gegner und Erzeuger von Emissionen gemeinsam gewinnen: Die Luft wird reiner, und die Industrie bekommt mit einem Zeitrahmen Luft zum Planen und die Sicherheit, daß in diesem Zeitrahmen nicht weitere Gesetze auf sie zukommen.

Unter der Regierung Clinton wechselte David Doniger vom NRDC ins Weiße Haus. „Es ist eins, sich für etwas einzusetzen, ein anderes, es einfach zu machen.“ Er arbeitete für den Nationalen Sicherheitsrat und den Ausschuß für Umweltqualität. „Umweltpolitik ist informationsabhängig, und im Weißen Haus fließt alle Information zusammen, auch solche, zu der man von außen sonst keinen Zugang hat.“ Wieso er dann nicht im Weißen Haus geblieben ist? „Im Weißen Haus koordiniert man Prozesse, in der Umweltbehörde setze ich sie in Gang. Im Weißen Haus war ich Zuarbeiter, hier habe ich Zuarbeiter. Hier kann ich für technische oder wissenschaftliche Fragen Gutachten bei den besten Fachleuten der Welt – auch beim NRDC – anfordern.“

Kompromisse? Die hat er schon immer machen müssen, auch beim NRDC. Die ganze Idee des Vertrags von Montreal, zum Verbot von FCKWs, ist ein Kompromiß, bei dem eine Zeitverzögerung beim Herunterfahren der FCKWs der Preis für dessen Durchsetzung überhaupt ist. „Das Fortbestehen eines Übels ist meist der Lohn dafür, es gänzlich und sofort abstellen zu wollen.“

„Er kommt schon mit den Kompromissen zum Verhandlungstisch, statt mit ihnen vom Tisch aufzustehen“, kritisiert Jennifer Morgan vom Umweltverband Climate Action Network. „Wir haben uns von einem Mann in seiner Position mehr versprochen.“ Der Mann ist eine harte Nuß, fügt sie hinzu, und das klingt halb ärgerlich und halb bewundernd. Peter Tautfest

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