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Geldanlagen für Hinz & Kunzt

■ Verzicht auf Zinsen soll Obdachlosen Arbeitsplätze schaffen

So manch ein Hinz & Kunzt-Leser, das will „GLS Gemeinschaftsbank“-Mitarbeiter Dirk Grah in der U-Bahn beobachtet haben, trägt unter dem Arm noch eine FAZ. Er schwärmt von der „interessanten Mischung“aus Obdachlosen im Projekt und LeserInnenschaft: etabliert einerseits, nah am sozialen Brennpunkt andererseits. Und wer selbst mit beiden Beinen fest in der Gesellschaft verankert sei, sollte Obdachlose durch mehr als nur den monatlichen Kauf ihrer Zeitung unterstützen können. Nun kann man sein Geld für sie arbeiten lassen. Gestern startete die GLS Gemeinschaftsbank ein Projekt.

Und das funktioniert so: mindestens eintausend Mark werden bei der GLS Gemeinschaftsbank angelegt. Ein Sparbuch bietet zwei Prozent Zinsen, ein Sparbrief über drei Prozent. Diese Zinsen werden nicht zum Jahresende einkassiert, sondern gespendet. Der Anleger kann mit seiner Spendenquittung zum Finanzamt laufen, die Bank mit den Zinsen zu Hinz & Kunzt.

Das Obdachlosenprojekt will mit dem Geld versuchen, weitere Arbeitsplätze für Hinz & Kunzt-VerkäuferInnen zu schaffen. Solche Stellen auf dem freien Arbeitsmarkt „müssen maßgeschneidert sein“, erklärt Karsten Niemann von Hinz & Kunzt. „Viele unserer Verkäufer sind körperlich und psychisch nicht in der Lage, acht Stunden am Tag zu arbeiten.“Teilzeitstellen jedoch sind rar. Ebenso ArbeitgeberInnen, die bereit sind, jemanden einzustellen, der vielleicht jahrelang nicht gearbeitet hat und dies in einem anderen Tempo tut als andere Angestellte. Durch finanzielle Unterstützung sollen potentielle ArbeitgeberInnen nun angeregt werden, sich für Hinz & Kunzt-VerkäuferInnen zu entscheiden. Gedacht ist an Stellen im Lager, im Verkauf, in Reinigungskolonnen oder an leichte Büroarbeit.

Bereits 240 Obdachlose konnte Hinz & Kunzt in den letzten vier Jahren in Wohnungen vermitteln, 60 in feste Arbeitsverhältnisse. Der Verkauf von Zeitungen soll nur ein Sprungbrett in den Arbeitsmarkt sein. Elke Spanner

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