Ouzo statt USUS?

■ Streit um vergleichende Leistungstests an Bremer Schulen: Lehrer protestieren, Eltern gespalten, Schüler wollen ihre Ruhe

Nach der Diskussion um die Erhöhung der Lehrerarbeitszeit bahnt sich ein zweiter Schulstreit in Bremen an. USUS heißt der Störenfried. Ein Senatsprojekt zur Überprüfung des Lweistungsniveaus in allen 8. und 10. Klassen Bremens. „Ouzo statt USUS“, wie es ein Lehrer forderte, also einen Verzicht auf die Tests, wird es nicht geben.

Das will die Behörde

Das Bremer Schulgesetz schreibt im § 9 die selbstverwaltete, öffentliche Schule vor. Um aber keine freien Schulrepubliken entstehen zu lassen, fordert das Gesetz auch die Vergleichbarkeit schulischer Leistungen. Ein Wechsel zwischen zwei gleichstufigen Schulen darf SchülerInnen nicht mit anderen Lerninhalten und anderen Lernzielen konfrontieren. Gleiche Schulabschlüsse müssen gleiche Grundfähigkeiten bei SchülerInnen garantieren, damit Chancengleichheit bei der Arbeitssuche herrscht.

Ein erster Schritt zur Rettung des Schulwissens ist USUS. Ein Testprogramm der Bildungsbehörde, das über mehrere Jahre geht und als Anfang in Februar Klassen- und Schulübergreifende Klassenarbeiten in allen 8. und 10. Klassen an allen Bremer Schulen vorsieht. Im Fach Deutsch handelt es sich dabei um eine Inahltsangabe, in Englisch gibt es einen Lückentext, eine Wiedergabe der vorgebenen Charakteristik dreier Personen und einen briefähnlicher Text, in Mathematik orientieren sich Aufgaben in Algebra und Geometrie an den vorgegebene Leistungsstandards der Kultusministerkonferenz.

Was mit den von USUS erbrachten Daten passiert, welche Konsequenzen aus ihnen gezogen werden, das ist noch unklar. Mehr Geld für Schule jedenfalls soll es laut Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) nicht geben. „Zuerst sollen die Daten in den Schulen selbst diskutiert werden“, meint Hans-Joachim Sygusch von der Schulinspektion, die USUS durchführt.

Das wollen Unternehmer

„Für viele Lehrlinge ist die Rechnung mit einer Unbekannten hohe und damit unerreichbare Mathematik“, sagt Johannes Focken, Abteilungsleiter für Berufsausbildung bei der Bremer Handelkammer. Ihn fällt auf, das Haupt- und Realschüler immer öfter Kulutrtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen nicht beherrschen. „Es gibt Malerlehrlinge, die kriegen das Mischungsverhältnis ein Teil Farbe, zwei Teile Wasser nicht hin.“Die Berufschule müsse immer öfter Grundkurse in Mathematik anbieten, um Schuldefizite auszugleichen. „Wir müssen auf den Schulleistungen aufbauen können. Weder Betriebe, noch Berufschule haben die Zeit, Geld und Personal, Nachhilfe zu geben“, stellt Focken klar.

Lehrerprotest

Ihnen sei USUS „per Ordri Mufti“aufs Auge gedrückt worden, schimpfen die Schulen. „Wir wollen auf unserer Arbeit aufbauen“, sagt ein Gymnasiallehrer. „Alles was USUS herausfinden kann, wissen wir schon. Was wir brauchen, um Defizite abzubauen, sind neue KollegInnen“, ergänzt eine Lehrerin aus einer Gesamtschule. Sie werfen der Behörde Dilettantismus und mangelnde Kommunikation bei der Ausarbeitung der Tests vor. Die Pädagogen haben Angst vor Diskriminierung durch öffentliche Wertungslisten, dem „ranking“. Im übrigen, sagen sie einhellig, könne Bremen stolz sein, Selbstständigkeit, Kreativität, Teamgeist als wichtige Schulziele in den Vordergrund zu stellen. Statt USUS fordert die GEW eine wissenschaftliche Stichprobenstudie.

Eltern gespalten

Der Zentrale Elternbeirat ringt noch um eine Meinung, tendiert aber zur Ablehnung von USUS. „Wir wollen wissen, was wir von der Schule erwarten können“, schimpft ein Vater und fordert, man müsse selbstverständlich Lehrern auf die Finger schauen.

Schüler wollen Ruhe

„LAßt uns mit zusätzlichen Arbeiten in Ruhe“, fordert der Gesamtschülerrat auf einem Flugblatt. Generell sprerren sie sich nicht gegen Schulvergleiche. Aber: „Dann müssen auch soziale Aspekte, Medienkompentenz und Schulumfeld untersucht werden.“Ansonsten drohen sie mit Boykott von USUS.

Was nun

Schulabgänger sollten schon lesen und schreiben können. Die Diskussion über Schulleistungen, die USUS befördern sollte, ist längst entbrannt. Gerungen wird, um Umfang und Methode der vergleichenden Studie. Es klingt vernünftig, wenn Helmut Zachau von den Grünen zur Entspannung mahnt: „Laßt uns darüber reden, was wir in den Schulen lehren wollen und welche Konsequenzen wir aus Leistungsdefiziten ziehen müssen.“Bis das geklärt ist, so Zachau, sollte USUS in den Schubladen der Bildungsbehörde bleiben. Ein Vorschlag, der die Bildungssenatorin in Zugzwang bringt. Ein Vorschlag, der die Schulen unter Druck setzt. „Es geht nicht an, daß einige Schulen sich verweigern“, sagt Senatorin Kahrs, nicht ohne drohenden Unterton. Thomas Schumacher