: McKinsey gegen den Ocean-Park
■ Großprojekt müßte „gegen noch zu entwickelnde Alternativen auf den Prüfstand“gestellt werden, finden die Berater / Brief an Staatsrat Haller kritisiert Wirtschaftsförderung als „nicht ausreichend“
Die Wirtschafts-Gutachter von McKinsey sind in einer wenig beneidenswerten Lage. Sie sollen sagen, wie alles besser werden kann, aber ist der Rat zu kritisch, riskieren sie Anschluß-Aufträge.
Im konkreten Falle der Beratung Bremens in diesem Jahr hatten sich die McKinsey-Leute, so wird von Teilnehmern der Beratungsrunden berichtet, zum Beispiel eindeutig für die Auflösung des Häfenressorts ausgesprochen. Im Gutachten findet sich dazu gerade ein klarer Satz, aus dem keine Konsequenzen gezogen werden: Es fehlt jeder Vorschlag, wie die derzeitigen Häfenressort-Funktionen in die Struktur des Wirtschaftssenators integriert werden könnten.
Anderes Beispiel: Während die Ideen für die Kultur-Behörde bis in Details ausgearbeitet sind und für die Liegenschaftsverwaltung sogar das Problem der veralteten Wasserhähne Erwähnung findet, ist der Vorschlag für die Neuordnung des Komplexes der Wirtschaftsförderung noch unpräzise allgemein gehalten – Wirtschaftsstaatsrat Frank Haller hat, sagen Teilnehmer der Beratungen, in der letzten Phase der Arbeit weitere Präzisierung abgeblockt.
Um dieses Thema ging es in einem Gespräch am 3. November zwischen Staatsrat Haller und dem Direktor der für Bremen zuständigen McKinsey-Beratungsgruppe, Dr. Jürgen Schrader. Das Gespräch sei „sehr lebhaft“gewesen, deutet Schrader in einem Brief, in dem er nach dem Gespräch seine Position zusammenfaßte, an. Höflich, aber zwischen den Zeilen unmißverständlicher als in den offiziellen Gutachter-Texten, wird der Konflikt angesprochen: Die „bisherigen Aktivitäten zur Wirtschaftsförderung waren stark zersplittert und noch nicht ausreichend wirksam“, heißt es da. Adressat des „nicht ausreichend“ist der Staatsrat, der dies zu verantworten hat. Der Wirtschaftsberater kritisiert recht grundsätzlich die bisherigen Förder-Strukturen und die Hoffnung, daß Unternehmen mit kleinen finanziellen Anreizen in ihren Entscheidungen wesentlich beeinflußt werden werden könnten. Bei Technologie- und Innovationszentren, schreibt Schrader etwa, überwiegen die „Mitnahme-Effekte . Und es sei fraglich, ob das „von staatlicher Seite eingesetzte Investment pro Arbeitsplatz noch in vernünftiger Größenordnung liegt“, deutet Schrader vorsichtig seine Kritik an und schlägt eine vollkommen andere Wirtschaftsförder-Strategie vor.
Knallhart ist die Position des McKinsey-Direktors beim Ocean- und Space-Park: Die McKinsey-Leute hätten „keine ausreichende Einsicht in diese Problematik nehmen können“, gibt er dem Staatsrat noch einmal schwarz auf weiß, und das bei einem Projekt, das mit einer Milliarde staatlicher Kosten die größte – und wirksamste – Einzelmaßnahme aus dem „Investitionssonderprogramm“werden soll. So wichtig große Einzelprojekte seien, möchte Schrader doch „noch einmal“anregen, die beiden „gegen noch zu entwickelnde Alternativen auf den Prüfstand zu stellen“.
Der McKiney-Mann dürfte gewußt haben, daß in Bremen bei Nachfragen nach der Rentabilität der beiden Großprojekte, für die die privaten Investoren ja nicht das volle unternehmerische Risiko übernehmen wollen, seit über einem Jahr nur gesagt wird, es gebe ja sonst keine Idee. K.W.
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