■ Schnittplatz
: Alles ist irgendwie Nazigold!

Die Anzeigenabteilung der Süddeutschen Zeitung ist innerhalb des Hauses als „penibelst“ bekannt. Gerade wenn es um Anzeigen politischen Inhalts geht ist man so empfindlich, daß das selbst Redakteure nicht begreiden. Einst lehnte das Haus Anzeigen der PDS ab, die sich gegen die Bundeswehr richteten. Begründung: Der Slogan („Ohne uns“) sei zu scharf. Auch eine bezahlte Anzeige des Kinderhilfswerks Terre des Hommes durfte in einer Beilage zum G 7-Gipfel der Süddeutschen Zeitung nicht erscheinen. Der Text „Unterschreiben Sie jetzt gegen die Abrechnung mit der Dritten Welt“ sei „aggressiv“ und enthalte „sehr heftige Angriffe“ gegen die Regierungen der sieben wichtigsten Industriestaaten, befand die Anzeigenabteilung.

Doch wenn von den Besatzungsmächten enteignete Häuser und Grundstücke von Deutschen im Osten zum Zwecke der Wiedererlangung mit dem von den jüdischen Holocaust-Opfern der Deutschen geraubten Gold verglichen werden, dann ist man gar nicht mehr penibel: „Raubgold in Brasilien entdeckt!“, heißt es in der Wochenendausgabe. Und dannn „Wie sauber sit das Geld der Treuhand, Herr Waigel“. Ein Heiko Peters aus Hamburg, der schon länger mit Anzeigen gegen die vom Verfassungsgericht bestätigten Enteignungen der Besatzer kämpft, zieht den hanebüchenen Vergleich zwischen dem Geld der toten Naziopfer und dem Gut der lebendigen Besatzungsverlierer. Irgendwie ist alles Nazigold und die Süddeutsche Zeitung stört's nicht.

Aus der Anzeigenabteilung heißt es, man habe den Text „intensiv geprüft“, und dabei „keine größeren Probleme“ gefunden. Immerhin stehe ja der Verantwortliche unter der Annonce. SZ-Chefredakteur Gernot Sittner, der gestern für einen Kommentar nicht zu erreichen war, soll die Ungeheuerlichkeit dagegen schon aufgefallen seien. Die Anzeigen des Herrn Peters, die auch in der Frankfurter Allgemeinen und in anderen Blättern erscheinen, seien immer so, daß man sie ändern muß, wird gesagt. Immerhin wußte man die Anzeige prominent zu plazieren: Mitten zwischen Artikel, die sich mit Verletzungen der Menschenrechte beschäftigen.lm