Süd-Korea windet sich vor einer Schrumpfkur des IWF

■ Bis zu 55 Milliarden Dollar will das Land von IWF, Japan und den USA leihen. Dafür soll der einstige Tigerstaat das Wirtschaftswachstum begrenzen, Banken schließen und privatisieren

Berlin (taz) – Mal haben sie sich geeinigt, dann auch schon wieder nicht. Je nach Tagesverfassung ist Lim Chang Ryul, Finanzminister Süd-Koreas, mit den Unterhändlern des Internationalen Währungsfonds (IWF) einig über einen Kredit für das Land oder eben auch nicht. Das ganze Wochenende haben sie in Seoul über die Höhe des Kredits und die dafür von Korea zu erfüllenden Bedingungen gefeilscht.

Denn mit 110 Milliarden Dollar Auslandsschulden und mindestens 60 Milliarden Dollar faulen Krediten der koreanischen Banken ist der Geldbedarf des einstigen Tigerstaates enorm. Immerhin ist Korea die elftgrößte Wirtschaftsnation der Welt. Finanzminister Lim hatte daher schon sofort nach Beginn der Krise um 20 Milliarden Dollar gebeten. Das reicht jedoch bei weitem nicht aus. Das endgültige Finanzpaket werde bis zu 55 Milliarden Dollar betragen, meldete gestern der staatliche Fernsehsender KBS. Demnach soll der IWF 20 Milliarden Dollar geben, 15 Milliarden sollen von anderen internationalen Institutionen kommen und Japan und die USA mit weiteren 20 Milliarden Dollar die südkoreanische Volkswirtschaft stützen.

Zahlen wollen sie jedoch nur, wenn Süd-Korea die Schrumpfkur des IWF annimmt. Vor allem aus dem aufgeblasenen Wirtschaftswachstum will der IWF Luft ablassen: Das Bruttoinlandsprodukt soll nur zwischen 2,5 und 3 Prozent im nächsten Jahr wachsen – 6 Prozent hatte sich die koreanische Regierung vorgenommen. Der Staat muß, so fordern die IWF-Manager, von den 30 angeschlagenen Wertpapierhäusern und Banken mindestens zwölf schließen. Der Aktien- und Anlagenmarkt soll zudem für ausländische Investoren geöffnet und staatliche Unternehmen privatisiert werden.

„Wir haben eben das Zeitalter der Globalisierung erreicht – da braucht unser Finanzsystem eine strukturelle Angleichung“, sagt Wirtschaftswissenschaftler Byung Nak Song von der Universität Seoul. Die Banken seien für die Chaebol, die typisch koreanischen Unternehmenskonglomerate, zu klein und könnten sie nicht mehr mit genügend Kapital ausstatten. Schließen jedoch die bislang großzügigen Banken, wird es auch den Chaebol schlechtgehen. Die Konglomerate haben nämlich anders als die japanischen Superkonzerne keine eigenen Finanzhäuser. Song hingegen meint, daß „nur die Kleinen leiden werden“.

30 von diesen Unternehmenszusammenschlüssen in Familienbesitz beherrschen die koreanische Wirtschaft. Doch nur vier zählen zu den international tätigen Super- Chaebol. Sie erwirtschaften zwischen 40 und 45 Prozent des BIP und beschäftigen direkt über eine halbe Million Koreaner. Ulrike Fokken