Halbe-halbe bei Postenschacher

Österreichs ehemalige sozialdemokratische Frauenministerin ist beim Versuch gescheitert, sich ein lukratives Pöstchen zu ergattern wie ihre männlichen Kollegen  ■ Aus Wien Ralf Leonhard

Ex-Frauenministerin Helga Konrad, die Erfinderin des Gleichberechtigungsslogans: „Ganze Männer machen halbe-halbe“, ist über ihren Versuch gestolpert, bei den Privilegien mit den Männern gleichzuziehen. Als Konsequenz einer Postenschacheraffäre legte die 49jährige Politikerin am Montag alle Ämter bei der steirischen SPÖ zurück.

Noch wenige Tage zuvor waren ihre Vorgängerin im Frauenministerium, Johanna Dohnal, und ihre Nachfolgerin, Barbara Prammer, an der Spitze einer Delegation in die steirische Landeshauptstadt Graz gereist, um Konrad zum Durchhalten zu ermutigen. Zur selben Stunde tagte im Parlament in Wien der Gleichberechtigungsausschuß anläßlich einer Anhörung über die bescheidenen Erfolge bei der Umsetzung der im Frauenvolksbegehren vom vergangenen April erhobenen Forderungen. Für die Chancengleichheit bei der Berufsausübung sei noch immer zuwenig unternommen worden. In Führungsposten sind Frauen nach wie vor eine bescheidene Minderheit.

Auch in Graz ging es um Frauen und Führungsposten. Denn Helga Konrad hatte die Position einer Sonderbeauftragten für Kulturfragen angestrebt, die die steirische Landesregierung extra für sie hatte schaffen wollen. Das Pöstchen hätte ihr zu ihrem Salär von rund 14.000 Mark als Nationalratsabgeordnete ein Zusatzeinkommen von umgerechnet rund 8.000 Mark brutto verschafft. Die Öffentlichkeit reagierte empört: „In Zeiten von Frauenarbeitslosigkeit und steigender Armut wäre es notwendig, daß politisch Verantwortliche etwas abgeben und nicht neue Positionen in Anspruch nehmen“, urteilte etwa die Frauenchefin des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, Helga Schmidtleitner.

SPÖ und ÖVP machten ob der Proteste einen Rückzieher und begruben den Posten, bevor er geschaffen war. Beim Landesparteitag Ende November bekam Helga Konrad dann auch von der Parteibasis die Quittung serviert: Bei ihrer Wiederwahl zur stellvertretenden Vorsitzenden schaffte sie die Wiederwahl nur mit hauchdünnen 50,08 Prozent. Trotzig nahm sie die Wahl an. Mit ihrer Verteidigung machte Helga Konrad die Sache nicht besser. Von ihrem Nationalratsmandat bliebe ihr nach Steuern und anderen Abgaben gerade die Hälfte. Und außerdem müsse sie sich absichern, falls sie 1999 ihr Mandat verliere. Der Skandal sei überhaupt nur ein Skandal geworden, weil es um eine Frau ging.

Tatsächlich hat der Usus, ehemalige Minister mit hochdotierten Posten zu versorgen, selten Proteste ausgelöst. Ex-Kulturminister Rudolf Scholten konnte im Frühjahr seinen Direktionssitz in der Kontrollbank einnehmen, Ex-Unterrichtsminister Helmut Zilk bezieht ein stattliches Gehalt als Aufsichtsratschef der Wiener Städtischen Versicherungen, Ex-Föderalismusminister Josef Riegler steht der Raiffeisenbank der Steiermark vor, der ehemalige Gesundheitsminister Michael Ausserwinkler ist stellvertretender Landeshauptmann von Kärnten.

Daß ausgerechnet an einer Frau ein Exempel statuiert wird, mag kein Zufall sein. Daß es Zeit ist, die Vergabepraxis hochdotierter Stellen zu diskutieren, steht trotzdem außer Zweifel. Im Unterschied zu vielen Kollegen kann Helga Konrad zumindest behaupten, daß sie von der angestrebten Tätigkeit etwas versteht: sie leitete von 1980 bis 1993 für die SPÖ die „Kulturinitiative Steiermark“.