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Nie mehr Slalom auf holprigen Radwegen

■ „Fahrrad-Novelle“schreibt Mindestbreite und glatten Belag vor

anz neue Perspektiven eröffnen sich im kommenden Jahr für Fahrradfahrer, nicht nur in Schwachhausen. „Es ist gut möglich, daß ab Oktober 1998 die Radfahrer auf der Schwachhauser Heerstraße fahren dürfen“, sagt Thomas Wedrich, Pressesprecher des Bausenators. Da der Autoverkehr nach dem Ausbau der Straßenbahn Linie 4 nach Lilienthal an dieser Stelle nur einspurig geführt wird, müssen Autofahrer hinter den Fahrrädern verharren. Und das, obwohl nagelneue Radwege die Straße säumen. Wilde Überholmanöver und lautes Geschimpfe sind vorhersehbar. Im Recht sind die Radfahrer: Sie halten sich nur an die neue Straßenverkehrsordnung (StVO), die das Bonner Kabinett im September beschlossen hatte.

Die sogenannte „Fahrrad-Novelle“sieht nämlich vor, daß ab dem 1. Oktober 1998 Radwege nur noch dann benutzt werden müssen, wenn sie mindestens 1,50 Meter breit und in einem gut befahrbaren Zustand sind. Längs- und Querrillen, nicht abgesenkte Bordsteine, Schlaglöcher, hervortretende Baumwurzeln und eine ungeschickte Radwegführung an Kreuzungen sollen nicht mehr länger zum Pflichtprogramm der Radler gehören. Bei miesen Radwegen dürfen sie auf die Straße ausweichen.

An der Schwachhauser Heerstraße sind die Fahrradwege maximal 1,30 Meter breit, an einigen Stellen verengt sich der Weg auf nur 80 Zentimeter. „Wir mußten abwägen und Prioritäten setzen. An einigen Stellen wird daher der Radweg enger geführt, ansonsten hätten wir Bäume fällen müssen“, so Thomas Wedrich gegenüber der taz.

Bettina Cibulski vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) zeigt Verständnis für die Vorgehensweise der Verkehrsbehörde: „Viele Bauaufträge für Radwege sind schon vor vier oder fünf Jahren vergeben worden, so daß die neuen Standards der StVO-Novelle nicht berücksichtigt werden konnten“.

Nach Aussage des Bau-Pressesprechers Wedrich wird Anfang des nächsten Jahres eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Straßenbehörde, der Polizei und des ADFC gebildet, die untersuchen soll, welche Radwege nach den neuen Richtlinien befahrbar sind.

Mit der „Fahrrad-Novelle“sind aber noch weitere Änderungen in Kraft getreten. Kinder bis zum Alter von acht Jahren dürfen auf dem Gehwegen radfahren. Acht- bis Neunjährige wählen selbst, ob sie weiterhin auf Gehwegen fahren oder Erfahrungen auf den Radwegen und am Fahrbahnrand sammeln wollen. Die Behörden haben zudem die Möglichkeit erhalten, das Verkehrszeichen „Fahrradstraße“einzuführen. Der Autoverkehr hat sich auf so gekennzeichneten Straßen dem Radverkehr unterzuordnen. Auch können die Verantwortlichen Busspuren für den Fahrradverkehr freigeben.

Allerdings sieht nicht einmal der ADFC die Notwendigkeit, die Veränderungen sofort umzusetzen, vieles sei in Bremen schon Realität. So erlaubt die bundesweite Regelung den Radlern seit September 1997, Einbahnstraßen auch in Gegenrichtung zu benutzen – in Bremen schon lange üblich. Diese neue Regelung ist jedoch zunächst als Versuch angelegt und bis zum 31. Dezember 2000 befristet. Die Fahrradexperten gehen aber davon aus, daß der Versuch dann bundesweit in eine Dauerregelung übergehen wird. Christian Erlewein

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