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Teufelsberg zum Schnäppchenpreis

■ Der Kaufpreis für die Teufelsbergspitze fällt niedriger aus als angenommen. Vertrag im Sinne des Investors und mit erheblichen Risiken für das Land Berlin. Grüne: "teuflisches Kuckucksei"

Der Verkauf der Teufelsbergspitze an den Kölner Investor Gruhl & Partner ist weitaus billiger als bislang angenommen. Wie der bündnisgrüne Abgeordnete Hartwig Berger, dem der Kaufvertrag für das 4,8 Hektar große Areal vorliegt, gestern erklärte, soll der Kaufpreis lediglich 5,2 Millionen Mark betragen. Dazu kämen noch einmal 9,5 Millionen Mark an maximalen Kosten für die Beseitigung von Altlasten sowie 250.000 Mark an maximalen Erschließungskosten. Berger zufolge wurde das Teufelsbergareal damit „praktisch verschleudert“.

Wie berichtet hatte die landeseigene Berliner Landesentwicklungsgesellschaft Bleg das ehemals von den Alliierten als Horchposten genutzte Gelände Ende 1996 verkauft, ohne das Abgeordnetenhaus zu informieren. Damit setzten sich Senat und Bleg auch über den Bezirk Wilmersdorf sowie zahlreiche Natur- und Umweltschutzverbände hinweg, die die Teufelsbergspitze renaturieren wollten.

Daß der Preis für den Kölner Investor, der auf dem Teufelsberg eine Hotel- und Luxuswohnanlage errichten will, noch weitaus preisgünstiger als die im Vertrag erwähnten insgesamt 15 Millionen Mark sein könnte, liegt in den bislang nicht eindeutig definierten Kosten für die Altlastenbeseitigung. Während man in der Umweltverwaltung die genauere Bezifferung für die Bodensanierung beim Bezirksamt Wilmersdorf vermutet, verweist Bau- und Umweltstadtrat Alexander Straßmeir (CDU) auf Bausenator Jürgen Klemann (CDU). In Klemanns Verwaltung ist freilich nur eine alte Schätzung zur Variante der Renaturierung bekannt. Demnach belaufen sich die Abrißkosten des Horchpostens auf 6,5 Millionen. 1,4 Millionen Mark davon, so die Schätzung, würde die Bodensanierung kosten.

Schenkt man dieser Schätzung Glauben, so betrüge der Gesamtkaufpreis für Gruhl lediglich 6,6 Millionen Mark. Das entspräche einem Preis von 138 Mark pro Quadratmeter. Zum Vergleich: Die dem Teufelsberg nächstgelegenen – weniger attraktiven – Siedlungen Heerstraße und Eichkamp sind im Bodenwertatlas mit 1.600 beziehungsweise 900 Mark je Quadratmeter notiert.

Doch das ist längst nicht alles: Laut dem Grünen Berger ist im Kaufvertrag zwischen Bleg und Gruhl & Partner auch festgelegt, daß der Investor für eventuelle Folgeschäden am Teufelsberg außerhalb des verkauften Geländes nur mit 5 Prozent, das Land Berlin dagegen mit 95 Prozent in der Pflicht steht. Berger, der von einem „teuflischen Kuckucksei“ spricht, fordert den Senat deshalb auf, den Vorhaben- und Erschließungsplan zur Bebauung schnellstens zu stoppen.

Daß der Senat daran nicht denkt, wird durch zweierlei verdeutlicht: Zum einen wurde mit der Einleitung des V- und E-Plans anstelle des üblichen Bebauungsplans die Bürgerbeteiligung erheblich eingeschränkt. Zum anderen wurde bereits die Umwidmung des Geländes, das offiziell als Wald firmiert, zum Baugrund vorausgesetzt – noch bevor Umweltsenator Strieder eine noch elegantere Lösung fand und erklärte, eine Umwandlung sei gar nicht nötig. Begründung: Nur wo Wald drauf ist, kann auch Wald ausgewiesen sein. Von der Finanzverwaltung war gestern keine Stellungnahme zu erhalten. Uwe Rada

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