Kopfrechnen mit Michael Douglas

■ Letzte Rettung: Wer fürs Weihnachts-Shopping keine Zeit hat, kann jetzt schenken lassen, denn Heidi Allermann ist unterwegs

eidi Allermann geht für ihr Leben gern einkaufen. „Für ein Schnäppchen laufe ich von Pontius zu Pilatus“, sagt sie. Jetzt hat die 36jährige ihr liebstes Hobby zum Beruf gemacht. „Special Moments“heißt ihre Eine-Frau-Agentur, die – neben Rendezvous-Arrangements – auch Geschenke organisiert. Nun können Geschenkemuffel, die sich bisher jedes Jahr im Dezember genervt durch die Geschäfte quälten, die Last des Weihnachtsstresses abladen: auf Heidi Allermann. Gegen Bezahlung, versteht sich.

Was denn dieses Jahr zu Weihnachten der Trend sei? Nein, wehrt Heidi Allermann ab, so läuft ihre Agentur nicht. „Ich suche für jeden Kunden ein individuelles Geschenk aus.“Wer von ihr ein Geschenk besorgen lassen will, mit dem trifft sie sich erst einmal. „Dann frage ich dem Kunden Löcher in den Bauch.“Nur so kann sie etwas über denjenigen erfahren, der beschenkt werden soll. Ein „Geschenkfragebogen“hilft, das Gespräch zu strukturieren – schließlich ist Heidi Allermann studierte Soziologin. „Haben Sie schon eigene Vorstellungen?“oder „Die Person hat folgenden Wunschtraum“steht dort geschrieben. Nach dem Gespräch denkt Heidi Allermann zwei, drei Tage über die Unbekannten nach, macht einige Vorschläge und zieht los zum Einkaufen. Der Kunde kann sich derweil zurücklehnen.

Es sind überwiegend Männer, für die Heidi Allermann arbeitet. Geschäftsleute, denen Zeit und Geduld für ein Geschenk fehlt. Ehemänner, die in ihrer Beziehung zu faul geworden sind, um sich noch etwas auszudenken. Frisch verliebte Burschen, die ahnen, daß sie bei einem Präsent für die Angebetete nur alles falsch machen können. Langsam läuft die Agentur an, die Heidi Allermann von ihrem Wohnzimmer aus führt. „Die Leute sind offen dafür“, meint sie. Dienstleistung ist in – für den, der sie bezahlen kann.

Wie ein Patenonkel, der sich vor kurzem an Heidi Allermann wandte. Was sollte er seinem kleinen Wurm von Patenkind schenken? Kauffreudig zog sie los und fand – eine Schnecke. Die Handpuppe kann durch Fingerbewegung sprechen oder sich in ihr Häuschen zurückziehen. „Die Schnecke schläft, jetzt schläfst auch du.“So hat sie ihrem Kunden den pädagogischen Wert der Schnecke erläutert. Krankenschwester hat Heidi Allermann auch gelernt.

Die Schnecke läßt sich der Patenonkel einiges kosten. 40 Mark nimmt Heidi Allermann als erste Anzahlung, bevor sie sich ein Geschenk ausdenkt. Ab da kostet jede Arbeitstunde, in der sie das Geschenk besorgt, verpackt und verschickt, 50 Mark. „Wer 150 Mark Stundenlohn verdient, für den ist das immer noch günstig“, rechnet Allermann vor. Schließlich kann der Schenker in der Zeit weiterarbeiten und dabei Geld für noch mehr Geschenke verdienen. Daß eine Agentur das Geschenk besorgt hat, wird der Beschenkte unter dem Tannenbaum nicht erfahren. Kein Sticker klebt am Geschenk, keine Visitenkarte liegt im Paket. „Ich spiele gern die graue Eminenz“, sagt Allermann.

Obwohl sich ihre Agentur wirtschaftlich noch nicht rentiert, ist Heidi Allermann bisher nur über eines wirklich besorgt: „Die Leute haben schon alles.“Ob Kerzenständer, Tasche oder Parfüm – damit kann man kaum jemanden wirklich überraschen und erfreuen. Deshalb werden besondere Momente – „Special Moments“– für sie immer wichtiger. Nicht mehr Objekte werden verschenkt, sondern kleine Inszenierungen: Ein Fest mit Fee, ein australischer Abend oder eine Wohnung voller Rosen.

Dienstleistungsunternehmen, so wie das von Heidi Allermann, sind inzwischen sogar Thema im Kino. Michael Douglas spielt in „The Game“einen superreichen Geschäftsmann, dem man nichts mehr schenken kann, weil er alles hat. Von seinem Bruder kriegt er durch eine Agentur die Teilnahme an einem Spiel geschenk, dessen Regeln er nicht kennt und dessen Verlauf immer bedrohlicher wird. Fasziniert hat Heidi Allermann den Film angeschaut und während dessen im Kopf mitgerechnet.

Der Geschenkeauftrag für Michael Douglas, war ihr Resumee, ist mit all seinen Finessen schlichtweg nicht bezahlbar. Auch nicht an Weihnachten.

Susanne Leinemann