Auf Du und Du mit dem Lauschangriff: Scherf gestärkt
■ Bundesparteitag der SPD fordert Nachbesserungen beim Lauschen
Die SPD hat sich bewegt – zumindest, was den großen Lauschangriff betrifft. Auf dem Bundesparteitag der Sozialdemokraten in Hannover einigten sich die Delegierten darauf, „Klarstellungen“von der CDU zu verlangen – damit fordern die Delegierten Nachbesserungen zu dem bereits mit der CDU ausgehandelten Kompromiß.
Auch Justizsenator Henning Scherf, bekannt als Kritiker der geplanten Änderung des Grundgesetzes, stimmte den Klarstellungswünschen zu. Seine Position wird durch den Beschluß gestärkt. Scherf hatte im Vorfeld immer wieder betont, dem Großen Lauschangriff im Bundesrat nur mit Nachbesserungen zuzustimmen. Was geschehen wird, wenn in den Verhandlungen mit der CDU nur ein Teil der neuen Forderungen durchgesetzt wird, bleibt aber offen – stimmt die SPD dann gegen den Lauschangriff? Die Nachverhandlungen zwischen SPD und CDU sollen „Klarstellung“in folgenden Punkten bringen:
– Beichte und seelsorgerisches Gespräch sollen nicht abgehört werden können
– Gespräche mit besonderem Vertrauensverhältnis, zum Beispiel mit dem Arzt oder dem Anwalt, sollen „durch besondere Beweiserhebungs- oder Beweisverwertungsverbote“durch die Verfassung geschützt werden
– Abhörmaßnahmen von Wohnungen sollen auf den „kleinen Kreis hochgefährlicher schwerer Straftaten, die zur Organisierten Kriminalität führen (wozu auch Korruptionsdelikte gehören) begrenzt werden.“Außerdem soll der Beschluß zum Abhören durch engere Anbindung an Gerichte „besser abgesichert“und laufend richterlich überwacht werden
– Der präventive Lauschangriff ist nur zulässig, wenn damit eine „gemeine Gefahr“oder „Lebensgefahr“abgewehrt werden kann
– Der Verfassungsschutz soll sich auch in Zukunft aus der Verbrechensbekämpfung heraushalten
Damit ist der Kompromiß, den der Sozialdemokrat Otto Schilly mit den Christdemokraten bereits ausgehandelt hatte, Makulatur. Eigentlich sollte nächste Woche die zweite und dritte Lesung im Bundestag stattfinden. Doch auf dem Hannoveraner Parteitag kam die SPD-Parteiführung um den Konflikt nicht herum.
Ein Nachbesserungsantrag zweier Delegierter aus Crailsheim und München stand dagegen und wäre wohl angenommen worden, wenn die Anregungen für Nachbesserungen nicht noch in einen Antrag Rudolf Scharpings aufgenommen worden wären. Bemerkenswert ist, daß der Lauschangriff gegen Journalisten nicht mehr explizit abgelehnt wird. cd
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