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Und sie drehen sich doch – irgendwie

Trotz Hafenerweiterung: Computer-Berechnungen ohne die Schiffe gemacht  ■ Von Heike Haarhoff

Heinz Oberlach kennt „das Maß aller Dinge“: „Wir“, betont der Unternehmenssprecher der stadteigenen Hamburger Hafen- und Lagerhaus Aktiengesellschaft (HHLA), „müssen auf die Erfordernisse des Markts und des Kunden eingehen“. Deswegen habe die HHLA, die ab der Jahrtausendwende das geplante Container-Terminal in Altenwerder betreiben will, frühzeitig dafür gesorgt, „daß wir auf die Super-Containerschiffe eingestellt sind“. In Altenwerder „werden wir so riesige Drehkreise haben, daß selbst Schiffe wie die 348 Meter lange Sovereign Maersk problemlos anlegen können.“

Eine Prahlerei, auf die die Hamburger Lotsen-Brüderschaft am Wochenende mit gereiztem Unverständnis reagierte. „Die nautischen Probleme lösen wir und nicht die HHLA“, wies Kurt Steuer, Präsident des Bundesverbands der See- und Hafenlotsen (BSHL), das Hafenunternehmen zurecht. „Es gibt noch überhaupt keine Berechnungen darüber, ob die Drehkreise für diese Schiffe tatsächlich groß genug sind“, rüffelte der Chef der Lotsenbrüderschaft, Werner Kamlade. Denn alle Computer-Simulationen basieren auf dem „Modellschiff-Typ Regina-Maersk-Klasse“. Das aber ist 30 Meter kürzer: „Ein erheblicher Unterschied“, so Steuer.

Für die Wirtschaftsbehörde kein Problem: „Die Drehkreise sind groß genug“, behauptet Sprecher Bernd Meyer. Dabei liegen die Schiffsdaten über die Sovereign Maersk den Lotsen erst seit wenigen Wochen vor; erst jetzt kann folglich überhaupt erstmals computersimuliert werden. Frühestens Ende Januar, so Kamlade, sollen die Ergebnisse vorliegen. Daß die Sovereign Maersk „aber doch kürzlich schon in Hamburg war“, wie die HHLA triumphierend dagegen hält, ist für Steuer kein Beweis: „Das Schiff mußte damals keine engen Kurven fahren, wie wir sie am Köhlbrand haben.“

Notfalls, wähnt Lotsen-Chef Kamlade, „muß man die Drehkreise von Altenwerder eben größer als geplant machen“. Technisch machbar wäre das nach Einschätzung von Stromingenieuren wohl. Einige Hektar Land mehr müßten dazu versenkt und Kaimauern verstärkt werden. Nur: „Auf die Stadt kommen dann zusätzliche Kosten in Millionenhöhe zu“, warnt der grüne Wirtschaftsreferent Detlev Grube.

Und Naturschutzverbände, die gegen die Hafenerweiterung in Altenwerder vor Gericht prozessieren, drohen mit weiterer Klage wegen Verfahrensfehlern: In den Planfeststellungsunterlagen sowie bei der „öffentlichen Erörterung“zu Kaimauern und Drehkreisen in der vergangenen Woche nämlich wurden ihnen die Probleme mit der S-Klasse verschwiegen.

Die Wirtschaftsbehörde nimmt's gelassen: Heute um 10 Uhr beginnt die öffentliche Anhörung zu einem weiteren umstrittenen Großprojekt namens Elbvertiefung (Messehalle Hamburg-Schnelsen, Modering 1a). 650 Beschwerden sind dagegen eingegangen. Mit 24 Einwendungen gegen die Drehkreise sei der Ärger da doch „vergleichsweise gering“.

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