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Dienst ohne Konzept

■ Betreuung durch Heimärzte in Pflegeheimen soll gestrichen werden

Dreißig ÄrztInnen werden demnächst Löcher in die Luft starren: Zum 1. Januar sollen sich die MedizinerInnen nicht mehr routinemäßig um die BewohnerInnen von 13 Alten- und Pflegeheimen kümmern. Der Landesbetrieb „Pflegen und Wohnen“(p&w) kann den ärztlichen Dienst aufgrund einer Gesetzesänderung nicht mehr bezahlen.

Die Behörde hat zwar eine Gehaltszusage für 1998 gegeben, aber einen neuen Arbeitsauftrag für den ärztlichen Dienst gibt es nicht. „Offiziell gibt es nichts zu tun“, verrät einer der Ex-Heimärzte, „wir würden gern in die ambulante geriatrische Betreuung einsteigen, aber bisher gibt es dafür in der Behörde kein Konzept“.

Bislang hatten die Heime für die medizinische Betreuung pro Patient und Monat 161 Mark auf den Pflegesatz draufgeschlagen. Eine entsprechende Neuregelung im Pflegeversicherungsgesetz hat dieser Praxis ab Januar 1998 einen Riegel vorgeschoben. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) hat abgewinkt, als es um die Aufrechterhaltung des heimärztlichen Dienstes ging. Gegen diese Entscheidung hat p&w Widerspruch eingelegt. Die über dreitausend Alten, Behinderten und psychisch Kranken in den p&w-Heimen sollen ab Januar von niedergelassenen ÄrztInnen in der Umgebung ihrer Pflegehäuser versorgt werden. Sofern sie körperlich dazu in der Lage sind, eine Praxis aufzusuchen. „Die Organisation der medizinischen Betreuung wird quasi auf die Pflegekräfte abgewälzt“, moniert der Ex-Heimarzt, „da stellt sich dann auch die Frage nach der Qualität unter dem Motto: Wenn man alt ist, stirbt man sowieso.“

Der Landesbetrieb ist Träger städtischer Pflegezentren, Behinderteneinrichtungen, Wohnheimen und Unterkünften. Er besteht aus 20 Einrichtungen für Pflegebedürftige und Behinderte sowie 71 Einrichtungen für Obdachlose, AussiedlerInnen und Flüchtlinge. p&w beschäftigt derzeit 4200 MitarbeiterInnen. lian

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