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Spaniens Vereinigte Linke bleibt linientreu

Die Generalversammlung der Vereinigten Linken bestätigt den Kurs der Führung, nachdem Abweichler herausgedrängt wurden. Die Kommunistische Partei könnte in dem Bündnis bald allein dastehen  ■ Aus Madrid Reiner Wandler

Spaniens Kommunisten sind mit sich selbst zufrieden. Zwischen Ständen, an denen CDs mit Bürgerkriegsliedern, Solidaritätspamphlete mit arabischen Völkern und allerlei Anstecker feilgeboten werden, hat das von ihnen dominierte Wahlbündnis Vereinigte Linke (IU) seine fünfte Generalversammlung abgehalten. „Man spürt die Begeisterung“, schwärmt der Delegierte und andalusische Rentner Javier Núñez. „Die internen Streitigkeiten gehören der Vergangenheit an.“ Von 1.200 Delegierten stimmten 1.035 dem von Chefkoordinator Julio Anguita verlesenen Rechenschaftsbericht des Vorstands zu.

Das Motto des Parteitags („Von einer kohärenten Linken aus“) nahm die wiedergewonnene innere Einheit vorweg. Alles, was Anguita und seiner KP nach sozialdemokratischer Abweichung roch, war im Vorfeld der Versammlung hinausgedrängt worden. Höhepunkt der Säuberungswelle war der Ausschluß der Erneuerer der Demokratischen Partei Neue Linke (PDNI), immerhin 40 Prozent der Organisation. Die Ortsverbände in Galicien, Katalonien und großen Teilen von Madrid befinden sich seither außerhalb dessen, was in den achtziger Jahren als gemeinsames Haus der Strömungen links von der sozialistischen PSOE gegründet wurde.

Zum endgültigen Bruch war es gekommen, als die orthodoxen Kommunisten statt über eine gemeinsame Oppositionspolitik mit den Sozialisten der PSOE nachzudenken, im Parlament wiederholt mit der konservativen Regierung stimmten. Die „wahre Linke kennt nur ihr Programm“, verteidigte Anguita diese Haltung. Dabei stehen die Sozialisten für Neoliberalismus und für Maastricht. Das reichte, diejenigen als Verräter zu stempeln, die eine Annäherung an die PSOE suchten. Wo trotzdem ein IU-Landesverband mit Blick nach Italien ein Mitte-Links-Wahlbündnis wagte, drehte die Madrider Zentrale den Geldhahn zu und organisierte eine Parallelkandidatur Linientreuer.

Von einer Schwächung der IU will auf der Versammlung niemand etwas wissen. „Ganz im Gegenteil: Jetzt geht es wieder aufwärts“, ist sich der Provinzabgeordnete Salvador Iran aus Malaga sicher. „Wir haben schon schlimmeres überlebt.“ Die Umstehenden geben ihm recht. Ohne interne Debatten glauben viele das letzte Wahlergebnis von landesweit zehn Prozent verbessern zu können.

In Katalonien, einer der Hochburgen der Erneuerer, führt die IU vor, wie die weggebrochenen Landesverbände wieder aufgebaut werden sollen. Ein Gründungsinitiative sammelt von kleinen, immer noch pro-sowjetischen Gruppen, über autonome Kollektive bis hin zu versprengten Anarchosyndikalisten alle, die nach einem Betätigungsfeld suchen. Ob damit Wahlen zu bestreiten sind, ist allerdings zweifelhaft. Politischer Streit ist bei einem solchen Gemenge an Ideologien jedenfalls vorprogrammiert.

Die Orthodoxen stört das nicht. Mit der von ihm gefeierten „neugewonnen innerparteilichen Kohärenz“ fühlt sich Chefkoordinator Anguita jetzt gar stark genug, um auf die einst so verhaßten Sozialisten zuzugehen. „Beenden wir die Debatte über die PSOE. Wenn sie sich uns anschließen wollen, dann sollen sie kommen. Wir werden ihnen die Hand ausstrecken. Aber derweil werden wir weiterschreiten.“ Zu spät: PSOE-Generalsekretär Joaquin Almunia sieht seine Bündnispartner bei denen, die Anguitas Säuberungswut zum Opfer gefallen sind.

Selbst innerhalb der heutigen IU will sich mancher alle Möglichkeiten offenhalten. Wo immer die PDNI ein neues Bündnis links der PSOE und außerhalb der IU debattiert, finden sich auch Vertreter der IU-Strömung, die einst als dritten Weg ihren Platz zwischen Anguitas Anhängern und der PDNI suchten. Sollte diese Strömung der IU auch noch den Rücken kehren, stünde Anguitas KP endgültig allein da. Der Name Vereinigte Linke würde dann wirklich keinen Sinn mehr machen.

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