: Vom kleinen Feuer zum Flächenbrand
■ Tarifkonflikt bei Tageszeitungen verschärft sich: Erneuter Warnstreik bei der Morgenpost. Bald auch bei Springer?
Den Tageszeitungen in der Medienmetropole Hamburg könnte mitten im lukrativen Weihnachtsgeschäft ein Redakteurs-Streik ins Haus stehen. Trotz einer von den Gewerkschaften angekündigten „Denkpause“für die Verleger legten gestern mittag 25 SchreiberInnen der Hamburger Morgenpost die Arbeit für den Rest des Tages nieder. Es war bereits das vierte Mal in wenigen Tagen. Handelte es sich vorige Woche noch um befristete Warnstreiks in der Mittagszeit, traf der gestrige Ausstand zur Hauptproduktion ins Herz der Mopo. Zwar soll das Boulevard-Blatt heute optisch im normalen Outfit erscheinen, jedoch vermutlich mit reduziertem Umfang.
Ursprünglich sollte der Montag streikfrei bleiben, um den Tageszeitungsverlegern Zeit zu geben, sich zu einem gestern abend auslaufenden Ultimatum zu verhalten. Falls es aber keinen „neuen verbindlichen Verhandlungstermin“noch vor Weihnachten gebe, kündigt Hamburgs IG Medien-Vize-Chefin Ulrike Fürniß für den Norden eine „unvermeidliche Verschärfung“des Konflikts an. Die Weichen zur Durchführung von Urabstimmungen sollen bereits gestellt sein.
Dann könnte es auch den Springer-Konzern treffen. Auf Druck der IG Medien, so erfuhr die taz, werde die Redaktion des Abendblatt über eine Streikbeteiligung „nachdenken“. Der Gesamtbetriebsrat des Springer-Konzerns hat bereits an die Redakteure appelliert, „sich nach ihren Möglichkeiten an den Kampfaktionen zur Rettung der Tarife zu beteiligen". Der Vorsitzende Helmut Kruschak: „Wenn die Verleger die Kompromißbereitschaft weiterhin zurückweisen, wird aus dem kleinen Feuer Warnstreik sicherlich ein Flächenbrand.“
In dem Tarifkonflikt geht es den Gewerkschaften vornehmlich um die Durchsetzung von Besitzstandsregelungen: eine gesicherte Altersversorgung sowie eine bessere soziale Absicherung für freie Mitarbeiter. Die Verleger hatten vorigen Montag die Verhandlungen ohne weitere Gesprächsangebote verlassen, obwohl die IG Medien und der Journalistenverband angeboten hatten, auf die bereits tariflich vereinbarte Einführung der 35-Stunden-Woche vorerst zu verzichten und einen Gehaltstarifvertrag mit zwei Jahren Laufdauer zu akzeptieren. Kai von Appen
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