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Wieder ein "Einzelfall" beim Militär

■ Der Kommandant der Bremer Bundeswehreinheiten soll auf einem Posten in München in den Stuben seiner Untergebenen Reichskriegsflaggen geduldet haben. Dirk von Grohne bestreitet die Vorwürfe (siehe Seite

Auch der Standortälteste der Bundeswehr in Bremen hat jetzt den Vorwurf eines laxen Umgangs mit rechtsradikalen Symbolen am Hals. Oberst Dirk von Grohne soll sich vor fünf Jahren als Kommandant der Münchner Offiziersschule geweigert haben, in den Unterkünften seiner Untergebenen die Reichkriegsflagge zu entfernen.

Zu diesen Anschuldigungen kam es im Zusammenhang mit dem Skandal um einen Vortrag des Rechtsterroristen Hartmut Roeder vor Hamburger Führungsoffizieren. Oberstleutnant a.D. Helmuth Prieß, der Sprecher der bundeswehrkritischen Vereinigung „Darmstädter Signal“: „Wenn Bundesverteidigungsminister Volker Rühe stets von Einzelfällen spricht, kann ich nur lachen. Ein anderes Beispiel ist der derzeitige Kommmandant des Verteidigungsbezirks Bremen, Dirk von Grohne.“Zwei Fähnriche hätten 1992 in der Münchner Kaserne Reichkriegsflaggen aufgehängt. Die Beschwerde zweier Kameraden sei durch alle Instanzen gegangen, vom Hörsaalleiter bis zum Kommandanten der Lehrgruppe, eben Dirk von Grohne, aber zurückgewiesen worden. „Erst als die Beschwerde vor das Kölner Heeresamt kam, mußte sich von Grohne zu einer Stellungnahme bequemen.“Helmuth Prieß war damals als Oberstleutnant im Kölner Heeresamt tätig, und hatte Einsicht in den Brief des Münchner Kommmandanten: Die Reichskriegsflagge, so habe von Grohne damals argumentiert, sei ein Symbol der Kaiserzeit und habe mit Rechtsradikalismus nichts zu tun. Außerdem gefalle ihm die Heraldik der Flagge – ein eisernes Kreuz auf weißem Grund. Dirk von Grohne habe dann den Befehl des Heeresamtes bekommen, die Flaggen zu entfernen.

Bremens oberster Bundeswehrsoldat, der bald darauf befördert wurde, sagte dazu gestern: „Prieß lügt.“Nichts sei an der Geschichte dran. „Helmut Prieß ist ein Spinner und Nestbeschmutzer. Jetzt zeigt sich, was die Arbeit des sogenannten Darmstädter Signals wert ist.“Prieß sei zwar Ende 1992 bei ihm in München gewesen. Zufällig habe er zur gleichen Zeit die Anweisung des Heeresamtes mitbekommen, daß Reichkriegsflaggen in Bundeswehrunterkünften nicht mehr aufgehängt werden dürften: „Das war ein allgemeiner Befehl an alle Einheiten und wir haben ihn selbstverständlich umgesetzt.“

1992 gingen gerade die Bilder der rechtsterroristische Angriffen auf Brandenburger Ausländerwohnheime durch die Medien – mit Skinheads, die die Reichkriegsflagge trugen. In Brandenburg ist das Hissen des rechtsradikalen Symbols seitdem verboten.

„So ein Schlingel!“kommentierte Prieß die Reaktion des Bremer Stabsoffiziers: „Das finde ich aber ungeschickt von ihm. Sein Brief, mit dem er die Reichskriegsflagge verteidigt hatte, liegt doch in Köln im Heeresamt! Und die direkte Anordnung an ihn, die Dinger endlich abzuhängen, ist da auch zu finden.“

Von Grohne hingegen, der die Bundeswehr gegenüber dem Land Bremen vertritt, betont, daß er sich seit 30 Jahren klar darüber sei: „Die früher mal gültige Reichskriegsflagge hat in der Bundeswehr nichts zu suchen.“Seit „das rechtsradikale Gesocks“sie symbolisch besetzt habe, sei sie für ihn in der Kaserne selbstverständlich „genauso tabu wie der Springerstiefel“.

Licht ins Halbdunkel von Rede und Gegenrede könnte das Kölner Heeresamt bringen. Hier liegt der Briefwechsel um die Münchner Reichskriegsflaggen im Archiv der Rechtsabteilung. Gut verborgen –wie Dirk Hunthe, der Sprecher der Behörde gestern gestehen mußte: „Wir sind gerade umgezogen. Nichts ist mehr da, wo es mal war.“Aber man sei auf der Suche. ritz

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