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Asiens Jubelstimmung ist dahin

Beim Asean-Gipfel in Kuala Lumpur sollte stolz das 30jährige Jubiläum gefeiert werden. Statt dessen müssen jetzt Wege aus der Finanzkrise gesucht werden  ■ Aus Bangkok Jutta Lietsch

„Die heikelsten Dinge werden auf dem Golfplatz diskutiert“, sagt der philippinische Außenminister Domingo Siazon. Wenn die Regierungschefs der südostasiatischen Staatengemeinschaft (Asean) am Sonntag zu ihrem siebten Gipfel in Kuala Lumpur eintreffen, können sie ihre Golfschläger gleich auspacken. Denn 30 Jahre nach der Asean-Gründung gibt es reichlich heikle Themen: Wie soll die Gruppe zum Beispiel mit den schweren Finanzproblemen umgehen, die Südost- und Ostasien seit dem Sommer erschüttern? Die Krise „könnte weitaus schlimmere Zerstörungen verursachen“, warnte die thailändische Zeitung Nation gestern, „als die Kriege und Konflikte, die die Region in den Anfangsjahren der Asean plagten“.

Das Bild ist dramatisch: Asean entstand zur Zeit des Vietnamkrieges als antikommunistischer Bund. Als dieser Gipfel geplant wurde, erschien die Zukunft noch rosig: Nicht nur ökonomisch, auch politisch ist die Region mit fast 500 Millionen Einwohnern längst ein wichtiger Spieler auf der internationalen Bühne. Entsprechend großartig ist auch die Vision „Asean 2020“, welche die Regierungschefs zum Auftakt des Treffens verabschieden wollen: Im nächsten Jahrtausend soll die Region zu einem riesigen Wirtschaftsraum zusammenwachsen.

Doch jetzt rutschen der thailändische Baht und die meisten anderen südostasiatischen Währungen täglich tiefer in den Keller. Massenarbeitslosigkeit und soziale Unruhen drohen. Gemeinsame Programme zur Bewältigung der Krise gibt es kaum. Bislang herrscht das Prinzip, sich gegenseitig nicht in die Politik der anderen Mitglieder einzumischen. Erst in den letzten Wochen beschlossen die Finanzminister, sich künftig stärker gegenseitig auf die Finger zu gucken und „sozialen Druck“ auszuüben, wenn ihnen die Wirtschaftspolitik der Nachbarn nicht gefällt.

Ein weiterer Streitpunkt sind die Waldbrände in Indonesien, die alljährlich dichte und giftige Rauchwolken über Südostasien verteilen. Wer wird es in Kuala Lumpur wagen, Indonesiens Regierung zur Verantwortung zu ziehen? Zwischen den alten Mitgliedern Indonesien, Singapur, Brunei, Malaysia, den Philippinen und Thailand einerseits und den zuletzt beigetretenen Ländern Vietnam, Birma und Laos knirscht es.

Daß die drei Newcomer nicht genug englischsprachige Beamte haben, die an den 300 jährlichen Sitzungen der zahlreichen Asean- Komitees teilnehmen können, ist noch das geringste Problem. Vietnam ist zum Horrorland für viele ausländische Geschäftsleute geworden. Sie klagen über Korruption und Vertragsbrüche. Erst kürzlich warnte der frühere Premierminister Singapurs, Lee Kuan Yew, davor, die Investoren aus seinem Land könnten Vietnam verlassen.

Unter den neun Asean-Staaten werden nur zwei demokratisch regiert, Thailand und die Philippinen. Vor seiner Abreise aus Bangkok kündigte Premier Chuan Leekpai an, er wolle sich für die Entwicklung von „offenen Gesellschaften“ in Asien einsetzen. Ein klarer Fall für den Golfplatz.

Am Montag trifft sich der Club mit den mächtigen Kollegen aus China, Japan und Süd-Korea. Doch von ihnen wird die Asean wenig Aufmunterung erwarten können. Auch Japan und Korea sind schwer angeschlagen. In Seoul fielen die Aktien gestern um 7 Punkte erneut auf ein Zehnjahrestief, am Vortag stürzte die südkoreanische Währung, der Won, innerhalb von drei Minuten nach Handelsbeginn in Rekordtiefe gegenüber dem Dollar. Der Verkauf wurde ausgesetzt.

Nur Chinas Wirtschaft scheint bislang nicht betroffen. Doch die Sorge wächst, daß dies nicht so bleibt.

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