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Er wollte Dankbarkeit und bekam faule Eier

■ Bei seinem ersten Zusammentreffen mit streikenden StudentInnen an der HU übernimmt Wissenschaftssenator Peter Radunski keine Verantwortung für die Kürzungen an den Hochschulen. Die Betroffenen an

Beide Seiten hatten sich auf das Duell vorbereitet. Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) brachte zu seinem ersten Auftritt vor protestierenden StudentInnen vier Bodyguards samt Regenschirmen mit – und im überfüllten Audimax der Humboldt-Uni waren auffallend viele Eierkartons zu sehen. Es dauerte fast zwei Stunden, bis beide Seiten am Ende der zweistündigen Besuchszeit die Waffen zogen.

Als Radunski die studentische Forderung nach einem Runden Tisch ablehnte und es unter Verweis auf die geringe Beteiligung an Uni-Wahlen ausschloß, „daß der Berliner Senat mit Menschen reden wird, die keine demokratische Legitimation haben“, da prasselte ein Eierregen auf ihn nieder. Flugs spannten die Herren im Hintergrund ihre Schirme auf, und der unsichtbar gewordene Senator redete unbeirrt weiter. „Ich verstehe Ihr Vergnügen“, griff Radunski die allgemeine Erheiterung zwischen den Pfeifkonzerten auf, „aber wenn ich von hier aus mit Eiern werfen würde, dann würden Sie sich auch einen Regenschirm anschaffen.“

Im folgenden Chaos gingen seine Ausführungen einigermaßen unter. „Sie sollten dankbar sein“, war einer der wenigen verständlichen Fetzen. „Ich liebe euch doch alle“, schallte es aus dem Auditorium zurück. „Ich glaube, wir brechen jetzt ab“, sagte dann noch die Diskussionsleiterin. Immerhin hatte Radunski zuvor versichert, künftig werde er „hier regelmäßig erscheinen“. Dabei war sein gestriger Besuch nicht völlig freiwillig. Zuvor hatten mehrere hundert Humboldt-StudentInnen ihre Vollversammlung vor Radunskis Sitz in die Brunnenstraße „verlegt“, um den Senator dort zu „besuchen“. Daraufhin hatte Radunski sich kurzfristig zu der Diskussion im Audimax bereit erklärt, wo er für die Einladung zunächst herzlich dankte. „Wir müssen doch nun wirklich von der Realität ausgehen“, mahnte er dort und warf den StudentInnen vor, sie hätten „ein bißchen Schwierigkeiten mit den Fakten“. Sie sollten „Berlin nicht schlechter machen, als es hochschulpolitisch dasteht“. In der Hauptstadt genössen sie noch immer eine „ausgezeichnete, ungewöhnliche Bildung“.

Radunski sagte, er sie „stolz auf eine Hochschulpolitik, die 20 Hochschulbauten in Angriff genommen hat“, vor allem für die Charité und den neuen Campus in Adlershof. Daß die StudentInnen letzteren wegen mangelnder Interdisziplinarität, langer Fahrzeiten und großer Wirtschaftsnähe kritisierten, zeige, „daß Sie von gestern sind“.

An den Hochschulverträgen, deren Nachverhandlung die StudentInnen fordern, lasse sich nicht mehr rütteln. Angesichts knapper Ressourcen müßten sich die Hochschulen vor allem überlegen, was sie Uni-intern mit ihrem Geld machten. Radunski lehnte es jedoch ab, die Verantwortung für die Einsparungen in Milliardenhöhe zu übernehmen. Weil er erst seit zwei Jahren amtiere, „können Sie mich nicht für zehn Jahre Hochschulpolitik verantwortlich machen“.

Einzig beim Bafög, über das Berlin nicht alleine entscheiden kann, zeigte der Senator Verständnis für die studentische Position: Die Freibeträge müßten sofort angehoben, ein völlig neues Bafög- Modell im kommenden Jahr beschlossen werden. Ralph Bollmann

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