■ Vorschlag
: Gosh macht im Hebbel-Theater das Paradies verrückt

Ein Mann in grauer Strampelwäsche schaukelt lächelnd auf einem Trapez, und neben ihm hängen zwei schläfrige Gestalten kopfunter an einem Seil. Von einem Fanfarenstoß geweckt, machen sie sich mit tolpatschigem Eifer daran, eine graziöse Schwebenummer einzuüben. Und weil das voll danebengeht, kriegen sich einige im Publikum vor Lachen kaum noch ein. Das bleibt so, bis die Aufführung im Hebbel-Theater mit einem fast marthalerischen Tableau zu Ende geht. Denn „Mad(e) in Paradise“, die dritte Produktion von Gosh, hat so allerlei zu bieten: Neben der bekannten Mixtur aus Zirkus, Theater und Rockmusik verwendet die Gruppe um den Regisseur Michel Dallaire diesmal auch Zutaten aus Musical und „gar Oper“. Das scheint ein wenig viel für einen knapp zweistündigen Abend und ist doch bestens dazu geeignet, die Vielseitigkeit der acht Akteure unter Beweis zu stellen. Sie machen nicht nur wunderbare Musik, die sich von frankophon Punkigem à la Les Negresses Vertes über gefühlige Balladen zu arienartigen Höhen aufschwingt. Sie überbieten sich auch gegenseitig in der Erfindung clownesker Posen und Grimassen. Und schön ist auch, wenn sie ihr artistisches Können herunterspielen, so tun, als könnten sie nicht, was sie doch meisterlich beherrschen.

Das Ganze muß auch eine Handlung haben: ein gelangweilter Gott holt seine Geschöpfe ins Paradies zurück, und zusammen verwandeln sie dasselbe in ein Tollhaus. So steht's im Programm, und wer das gelesen hat, wird auch den Apfel bemerken, den jemand angewidert ausspuckt, und daß die Schlangenfrau, die sich dekorativ durch den Abend räkelt, auffällig verführerisch guckt. Einmal ergänzt sie als Feigenblatt das Adamskostüm jener männlichen Diva, die sich erst gegen Ende als Gott outet („I am Gott“). Fast dachte man sichs schon, denn wer die exzentrischsten Kostüme tragen, Küken und kleine Elefanten ausbrüten und ungestraft auf alle einknüppeln darf, der muß schon was Besonderes sein. Sabine Leucht

Außer 22., 24., 29. und 30.12. bis 3.1., jeweils 20 Uhr, Hebbel-Theater, Stresemannstr. 29, Kreuzberg