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Überholen, ohne einzuholen

Endlich „blühende Landschaften“: Die ökologische Landwirtschaft in den fünf neuen Ländern fährt auf Erfolgskurs. Dresden mausert sich zum Vermarktungszentrum  ■ Von Kai Kreuzer

„Blühende Landschaften“ hat Noch-Bundeskanzler Helmut Kohl Anfang der neunziger Jahre der ehemaligen DDR versprochen. Den Boom der Ökobauernhöfe wird er damit wohl kaum gemeint haben. Dabei kann sich sehen lassen, was in den letzten Jahren im Osten entstanden ist: 6,8 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Mecklenburg-Vorpommerns werden ökologisch bewirtschaftet. Das ist bundesrepublikanische Spitze. Platz zwei belegt Brandenburg mit 2,9 Prozent, das Schlußlicht ist Niedersachsen mit 0,7 Prozent.

Enorme Zuwachsraten an Bioflächen haben jedoch zu einigen Vermarktungsschwierigkeiten geführt, da der Absatz nicht in gleicher Geschwindigkeit mithalten konnte. Zwar konnten vor allem lagerfähige Waren wie Getreide auf dem westdeutschen Biomarkt abgesetzt werden. Milch und Fleisch, Hauptprodukte in Grünlandgebieten wie Mecklenburg- Vorpommern, müssen jedoch immer noch zu einem großen Teil über den konventionellen Handel verkauft werden, der keinen Biozuschlag bezahlt. Allerdings arbeiten verschiedene Erzeugergemeinschaften daran, einen einheimischen Markt zu entwickeln.

Flächenmäßig allen Bioverbänden voraus ist der Verein Biopark, der inzwischen 103.000 Hektar bewirtschaftet. In ihm zusammengeschlossen sind 485 landwirtschaftliche Betriebe, die nach den Regeln des ökologischen Landbaus wirtschaften und ihre Tiere artgerecht in extensiver Weidehaltung aufziehen. Obwohl Biopark in acht Bundesländern Mitglieder hat, liegt der Schwerpunkt doch in Mecklenburg-Vorpommern.

Zwei Drittel der Gesamtfläche von Biopark sind Grünlandfläche, häufig in Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebieten gelegen. Deshalb ist das Hauptprodukt von Biopark Fleisch von Lämmern, Kälbern und Rindern. In der Vermarktung, so die Biopark-Vorsitzende Heide-Dörte Matthes, habe man sich starke Partner gesucht. Fündig wurde man bei Edeka Nord, Kaiser's, Marktkauf, Tegut und Alete. Edeka Nord, mit rund 250 Geschäften in der Region um Hamburg vertreten, wird mit Ochsen, Schweinen und Lämmern beliefert. Kaiser's versorgt in der gesamten nördlichen Hälfte von Deutschland seine Geschäfte mit Biokalbfleisch. Alete und Hipp verwenden das Biopark-Fleisch bei Gläschenkost für Kinder. Stark ausgebaut werden soll in den nächsten Monaten die Vermarktung über Fleischereifachgeschäfte. Ein weiteres wichtiges Erzeugnis, das auf Biopark-Betrieben anfällt, ist die Milch. Von den 30 Millionen Litern, die im Jahr erzeugt werden, wandert der größte Teil in konventionelle Molkereien und wird nicht separat vermarktet. Nur kleinere Mengen werden bisher über Molkereien in Rostock und Prenzlau als Biomilch, Joghurt, Butter oder Quark vermarktet. Dies soll sich nach Angaben von Frau Matthes jedoch schon in absehbarer Zeit ändern, so daß dann auch die Milch einen Bioaufschlag für die Landwirte erbringen wird.

Dresden ist im Bereich der Bio- Vermarktung in Ostdeutschland führend. Es gibt dort inzwischen eine wohlorganisierte Vermarktungsstruktur vom Hofverkauf über Naturkostläden bis hin zum konventionellen Lebensmitteleinzelhandel. Dabei wird nicht nur Wert auf „Öko“ gelegt, sondern im gleichen Maße auch auf „sächsisch“. Aus diesem Grund wurde auch das Sächsische Ökoprüfsiegel entwickelt, das mittlerweile eine landesweite Beachtung gefunden hat und auf vielen Produkten prangt.

Eines der erfolgreichen Gäa- Projekte war die im Juli 1994 gegründete ÖBS: die „Ökologischen Bauernhöfe Sachsen GmbH“. Pro Jahr legten sie 1,5 Millionen Mark Umsatz zu, so daß sie inzwischen bei 4,5 Millionen Mark angelangt sind. In ihr zusammengeschlossen sind 13 Biobetriebe mit 2.500 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche. Die Erzeugergemeinschaft koordiniert den Anbau, erfaßt die landwirtschaftlichen Erzeugnisse und kümmert sich um die Vermarktung an Großkunden wie Edeka, Konsum Dresden, Spar oder Kaiser's. Inzwischen ist die ÖBS mit ihrer Dachmarke „Für dich“ in rund 50 Supermärkten in Dresden vertreten.

Geschäftsführer Steffen Mucha und Produktmanagerin Simone Brengelmann, erklären auch, warum sie so erfolgreich agieren: „Wir unternehmen große Anstrengungen, um einen regionalen Markt aufzubauen, damit man nicht so ohne weiteres austauschbar ist.“ Der konventionelle Handel, so Brengelmann, schätze ihre Produkte, weil sie Innovationswert bieten. „Öko“ alleine reiche schon lange nicht mehr. Zudem müsse man einfache Bestellmöglichkeiten bieten, sich an der Gemeinschaftswerbung beteiligen und vor allem kreative Einführungs- und Verkostungsaktionen durchführen.

Das „bioFach-Magazin“ berichtet in seiner neuesten Ausgabe (Nr. 13/97) unter anderem über „Bio- Ost“ und „Berlin: eine Bio-Hauptstadt?“. „BioFach-Magazin“, Schulstr.10, 74927 Eschelbronn, Tel. 062 26-43 51.

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