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AnalyseNeue Demütigung

■ Das neue Sozialgesetzbuch bringt Verschlechterungen für Arbeitslose

Immer wieder gibt es Essayisten, die Vergleiche ziehen zwischen der Massenarbeitslosigkeit von heute und dem Massenelend in der Weimarer Republik. Ihnen wird entgegengehalten, es sei heute doch anders: die Erwerbslosen würden per Computer verwaltet und nicht gedemütigt. Es besteht die Gefahr, daß sich das schleichend ändert.

Vom 1. Januar nächsten Jahres an gilt das neue Arbeitsförderungsrecht im dritten Sozialgesetzbuch. Danach müssen sich Empfänger von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe alle drei Monate erneut persönlich erwerbslos melden. Sie können dies allerdings auch schon vor Ablauf dieses Zeitraums erledigen. Künftig werden die Sachbearbeiter in den Ämtern tägliche Listen mit Leistungsempfängern haben, die bis zu diesem Tag zu erscheinen haben. Wer nicht kommt, dem wird die Leistung sofort gestrichen. Die praktischen Folgen: Viele Langzeitarbeitslose, die ihren Termin verpaßt haben, bekommen erst mal kein Geld mehr, bis sie sich wieder erneut beim Arbeitsamt melden.

Sachbearbeiter können künftig von den Arbeitslosen Beweise dafür verlangen, daß sie sich um einen Job bemühen. Wohin solche Beweispflicht führen kann, ist von den Sozialämtern bekannt: Sozialhilfeempfänger klappern Firmen ab, um sich von diesen einen Stempel geben zu lassen, daß sie – vergeblich – vorgesprochen haben. Wird von den Arbeitsämtern verlangt, diese Vorschriften streng anzuwenden, so tut man den Erwerbslosen eine neue Demütigung an.

Gleichzeitig müssen die Arbeitslosen als unfreiwillige Kreditgeber herhalten: Künftig werden alle Geldleistungen nur noch monatlich rückwirkend gezahlt, für den Monat Januar gibt es somit erst Ende des Monats Geld.

Erwerbslose dürfen nur noch eine Nebenbeschäftigung im Umfang von weniger als 15 Stunden wöchentlich ausüben und dabei nur ein Fünftel des monatlichen Arbeitslosengeldes, mindestens aber 310 Mark (Osten: 260 Mark) anrechnungsfrei hinzuverdienen. Was darüber hinausgeht, wird voll beim Arbeitslosengeld wieder abgezogen. Durch diesen Abzug verlängert sich jedoch nicht, wie bisher, der Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Diese Änderung trifft etwa freiberufliche Honorarkräfte, die arbeitslos gemeldet sind und sich auf eine längere Zeit der „Mischfinanzierung“ vom Arbeitsamt eingestellt haben. Die Arbeitslosen sollen merken, daß sie auf das Geld anderer angewiesen und somit in einer Art zweitklassigem Status leben: Auch das ist die politische Botschaft des neuen Gesetzes. Barbara Dribbusch

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