: Adresse des Lokaldichters an seine Stadt, wo nun die S-Bahnzüge der Baureihe 475 aus dem Verkehr gezogen werden
Liebe Berlinerinnen und Berliner
sowie Ihr außerhalb der Welt,
vanehmt die Schreckensnachricht – hört:
Die S-Bahn hamse einjestellt!
Den ockerjelben Schienenwurm
in dem man fuhr für Schmerzensgeld
Die Bank aus Holz, der Halt aus Messing
Diß Umjetüm is einjestellt
S fährt nich mehr von Ost- nach Westkreuz
Von Pankow nich nach Schönefeld
von nirjendwo nich mehr nach nirjends
Warum? Sie hamse einjestellt
Hart war se und hat unerbittlich
So manchen weichen Steiß jeprellt
Jetzt hat sichs endlich ausjerattert
Weilse hamse einjestellt
Nach 70 Jahren Schienendienst
Tritt sie von ihrem Posten ab
Ins Jrüne jeez nich mehr, ins Blaue
Jetzt jeez nur noch ins S-Bahn-Grab.
Sie fuhr vorm Krieg schon, vor die Mauer
Und vor die neue deutsche Reich –
Äh – Einheit. Damit is jetzt Sense
Ihr schlug der letzte Zapfenstreich
Ach wattn Schmerz, ach wattne Trauer
Und keen Jebeet hilft, keen Protest
Die, die am längern Hebel sitzen
Sie gaben ihr statt Strom den Rest
Berlinerinnen und Berliner,
sowie Ihr Völker die dieser Welt
sagt Tschö zur juten alten 4-7-5er
Denn diese hamse einjestellt.
Rayk Wieland
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