: „Jesus war ein Mittelständler“
■ Ein Jesuitenpater räumt mit dem verklärten Jesus-Bild auf. Der religiöse Revolutionär sei gar kein einfacher Mann aus dem Volk gewesen, genausowenig wie es seine Jünger waren
Rom (dpa/taz) – Es war einmal vor zweitausend Jahren ein einfacher Tischler in Galiläa. Ungerechigkeit und Pharisäertum ließen ihn nicht ruhen und machten ihn zum religiösen Revoluzzer, der für das Heil der Armen und Entrechteten stritt. Mit diesem verklärten Jesus-Bild will Giovanni Magnani, ein Jesuitenpater an der Päpstlichen Gregoriana-Universität, jetzt aufräumen.
„So war es einfach nicht“, behauptet Professor Magnani in seinem neuen Buch. Die These, daß Jesus zum völlig entrechteten Teil der Bevölkerung Galiläas zählte und zum Bannerträger eines revolutionären Pauperismus geworden sei, ließe sich nicht mehr aufrechterhalten. Man müsse sich Jesus von Nazareth eher als einen „Mittelständler“ denn als einen „Mann aus dem Volk“ vorstellen. Jesus sei tief von der gehobenen städtisch- griechischen Kultur geprägt gewesen, habe lesen und schreiben können, mehrere Sprachen gesprochen und vermutlich antikes Theater besucht. Schon die Berufsbezeichnung „Zimmermann“ leite in die Irre. Das griechische Wort „Tekton“ meine in Wirklichkeit etwas anderes. „Jesus war ein Selbständiger, einer, der Arbeiter organisierte und sich an großen Bauten beteiligte. Tekton war ein typischer Beruf der Mittelklasse.“
Ganz ähnlich sei das mit den Jüngern. Waren sie wirklich so ungebildet, wie es die populäre Literatur behauptete? „Nein“, sagt Magnani, „auch Fischer beispielsweise haben damals eher zur ,bürgerlichen Klasse‘ gezählt.“ Denn sie hätten eigene Unternehmen mit mehreren Booten und Angestellten gehabt. Matthäus und andere hätten auch lesen und schreiben können. Grundlage von Magnanis Studie sind neue Erkenntnisse über das soziale und kulturelle Leben im damaligen Galiläa.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen